Nadschaf Saddam bestreitet angeblich Verstrickung in Anschlag

Nach dem verheerenden Anschlag von Nadschaf hat sich Saddam Hussein angeblich wieder zu Wort gemeldet und jede Beteiligung an dem Attentat dementiert.

Drei Tage nach dem verheerenden Anschlag von Nadschaf hat sich der gestürzte irakische Machthaber Saddam Hussein angeblich wieder zu Wort gemeldet und jede Verstrickung in das Attentat bestritten. Auf dem Tonband, das der arabische Fernsehsender El Dschasira am Montag in Auszügen ausstrahlte, wirft die Saddam zugeschriebene Stimme "Erfüllungsgehilfen" der amerikanischen Besatzungsmacht vor, Anschuldigungen "ohne jeglichen Beweis" in die Welt zu setzen. Bei dem Anschlag am Freitag waren mehr als 80 Menschen getötet worden, darunter der Schiitenführer Mohammed Bakr el Hakim.

Mehrere Vertreter des Obersten Rates für die Islamische Revolution im Irak (SCIRI), der Organisation, die Bakr el Hakim geführt hatte, sowie viele Iraker hatten Saddam und seine Anhänger für den Anschlag in der den Schiiten heiligen Stadt verantwortlich gemacht. Seit Freitag wurden bis zu 19 Verdächtige festgenommen. Die Opferzahlen gingen noch am Montag weit auseinander: Während der Gouverneur von Nadschaf von mehr als 80 Toten sprach, ging der SCIRI von 126 Toten aus. Zur Beisetzung des Schiitenführers werden an diesem Dienstag in Nadschaf Hunderttausende von Trauernden aus dem ganzen Land erwartet.

Übergangsregierung ernannt

Der Provisorische Regierungsrat im Irak ernannte unterdessen in Bagdad eine Übergangsregierung und machte damit einen weiteren Schritt zur Selbstverwaltung des Landes unter amerikanischer Besatzung. Die Besetzung des 25-köpfigen Kabinetts entspreche der ethnischen und religiösen Vielfalt des Landes, hieß es nach Berichten arabischer Fernsehsender. Ein Ministerpräsident wurde bisher nicht ernannt. Der Kurde Hoshira Zibari wird Außenminister, der Sunnit Kamel Kilani Finanzminister. Einen Verteidigungs- sowie einen Informationsminister gibt es nicht: Beide Posten hatte US-Verwalter Paul Bremer gestrichen.

Verstärkte Sicherheitsvorkehrungen

Als oberste Autorität im besetzten Irak behält Bremer ein Vetorecht bei Entscheidungen des Provisorischen Rats und der Übergangsregierung. Das Kabinett soll erst an diesem Dienstag nach der Beerdigung Hakims vereidigt werden. Die Sicherheitsvorkehrungen in Nadschaf wurden bereits am Montag verstärkt.

Zustimmung von der Arabische Liga

Die Arabische Liga begrüßte die Ernennung des Kabinetts im Irak als "einen weiteren positiven Schritt auf dem Weg zur Selbstverwaltung". Generalsekretär Amre Mussa sagte in Kairo, es werde allerdings noch diskutiert, ob der neue irakische Außenminister Zibari zu einem Treffen der Liga in der nächsten Woche eingeladen werden solle. Die Arabische Liga hat den Provisorischen Regierungsrat nicht anerkannt.

Kommando-Übergabe an Polen verschiebt sich

Wegen des Anschlags von Nadschaf wird die von Polen geführte multinationale Truppe nicht wie geplant am Mittwoch die volle Kontrolle über weite Teile des südlichen Iraks übernehmen. Begründet wurde dies vom US-Oberkommando mit der dramatischen Veränderung der Sicherheitslage. Die polnischen Militärs sollen am Mittwoch zwar grundsätzlich die Verantwortung für die Region übernehmen, ausgenommen blieben aber manche Zonen wie das dicht besiedelte Gebiet um Nadschaf. "Die Botschaft (bei einem Abzug) für die Menschen in Nadschaf wäre, dass wir sie im Stich lassen", zitierte die "Washington Post" den Kommandeur der Marineinfanteristen in Nadschaf, Oberstleutnant Chris Woodbridge.

Deutschland und Russland setzen sich gemeinsam für ein stärkeres Gewicht der Vereinten Nationen im Irak ein. Einen deutschen Militäreinsatz schloss Bundeskanzler Gerhard Schröder aber am Montag in Berlin aus. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes gibt es bislang auch keine Anfrage der USA zu einem militärischen Engagement.

Schröder und Russlands Präsident Wladimir Putin seien sich bei einem Telefonat vor einer Woche einig gewesen, dass eine größere Rolle der UN hilfreich für den Wiederaufbau und die Stabilisierung des Landes wären, sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg. Alle Staaten, die sich daran beteiligen wollten, sollten sich auf eine gemeinsame Strategie verständigen.