Naher Osten Diplomaten ringen, Menschen sterben

Die Diplomaten suchen nach einer Friedenslösung, die blutigen Kämpfe im Nahen Osten gehen weiter. Während bei erbitterten Gefechten drei israelische Soldaten und 25 Hisbollah-Kämpfer starben, streitet die israelische Regierung um einen libanesischen Friedensplan.

Die Suche nach einer diplomatischen Lösung des Libanonkonflikts hat durch einen Friedensplan der libanesischen Regierung Auftrieb erhalten. Beirut hatte angekündigt, die israelischen Streitkräfte im Süden des Landes durch 15.000 eigene Soldaten ablösen zu lassen. Die Stationierung libanesischer Soldaten im Süden ist eine Kernforderung der internationalen Gemeinschaft zur Beilegung des Konflikts.

Uneinigkeit in Israel

Der Vorschlag stieß in Israel auf unterschiedliche Reaktionen. Regierungschef Ehud Olmert sprach von einer interessanten Überlegung, die weitere Beachtung verdiene. Die Entsendung libanesischer Truppen müsse aber von einer Entwaffnung der Hisbollah begleitet werden. Israel habe kein Interesse an einer Besetzung des Südlibanons, sagte Olmert.

Israels UN-Botschafter Dan Gillerman lehnte den Plan als zu gefährlich ab. Israel werde Südlibanon "erst dann verlassen, wenn eine robuste und brauchbare internationale Truppe dort im Einsatz ist". Es sei zu riskant, ein Vakuum im Grenzgebiet zu hinterlassen, das nur wieder von den Hisbollah-Milizen ausgenutzt würde, sagte der Diplomat in einem CNN-Interview. Sowie die geplante internationale Truppe vor Ort sei, werde sein Land "nicht eine Sekunde länger" im Libanon bleiben, versicherte Gillerman. Auch Kabinettsminister Tsahi Hanegbi wies den Vorschlag hingegen zurück. "Wir kennen die libanesische Armee", sagte er am Dienstag im Armeerundfunk. "Das ist eine virtuelle Armee, die nie in einem echten Konflikt getestet wurde." Der Vorschlag der libanesischen Regierung sei nur ein Trick, um den wachsenden Druck auf die Hisbollah-Miliz zu stoppen.

Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat sich mit einer zweiten Reise in die Krisenregion am östlichen Mittelmeer in das Ringen um die geplante Libanon-Resolution der Vereinten Nationen eingeschaltet. Es komme darauf an, in der Region für die notwendige Akzeptanz der geplanten Resolution zu sorgen, sagte Steinmeier vor seinem Abflug. "Das ist Sinn meiner erneuten Reise in den Nahen Osten," erklärte der Minister. In Beirut traf er zunächst mit Parlamentspräsident Nabih Berri zusammen - der schiitische Politiker pflegt enge Kontakte zur Hisbollah. Außerdem war eine Unterredung mit dem libanesischen Ministerpräsidenten Fuad Saniora geplant. Am Abend stand der Weiterflug nach Israel auf dem Programm.

Die Erwägung der libanesischen Alternativvorschläge dürfte die Verabschiedung der Resolution weiter verzögern, hieß es in New Yorks diplomatischen Kreisen. Demnach wird mit dem Votum nicht mehr vor Mittwoch oder Donnerstag gerechnet.

Menschenrechtsrat kommt zusammen

Der UN-Menschenrechtsrat kommt wegen der Lage im Libanon noch in dieser Woche in Genf zu einer Sondersitzung zusammen. Pakistan habe die Sitzung beantragt. Sie werde am Donnerstag oder Freitag stattfinden, sagte Sprecherin Marie Heuzé.

Unterdessen begleiteten schwere Kämpfe im Südlibanon die diplomatischen Bemühungen um ein Ende der Gewalt. Vor dem angestrebten Waffenstillstand bemühten sich Israel und die Hisbollah offenbar verstärkt um militärische Geländegewinne. Im Zermürbungskampf zwischen der israelischen Armee und der libanesischen Hisbollah-Miliz hat es am Dienstag erneut Todesopfer auf beiden Seiten gegeben. Die israelische Armee teilte mit, seit den Morgenstunden seien bei Gefechten im Südlibanon drei Soldaten getötet und fünf weitere verletzt worden. Zudem seien 25 Hisbollah-Kämpfer getötet worden. Aus Kreisen der UN- Beobachter hieß es, die israelische Armee sei im Grenzgebiet inzwischen teilweise bis zu acht Kilometer ins Landesinnere vorgerückt. Die israelische Luftwaffe drohte allen Fahrzeugen, die südlich des Flusses Litani im Libanon unterwegs sind, mit Beschuss.

Heftige Gefechte wurden aus dem vorwiegend von Christen bewohnten libanesischen Dorf Debel, sieben Kilometer von der Grenze entfernt, gemeldet. Dabei wurde ein Soldat getötet. Wie die Armee in Tel Aviv mitteilte, wurden zwei weitere Israelis bei der Ortschaft Labuna tödlich getroffen. Es habe dort eine Schießerei gegeben. Labuna liegt nahe der Küste in unmittelbarer Nähe der Grenze. Seit Beginn der Kämpfe am 12. Juli sind 103 Israelis ums Leben gekommen, davon 65 Soldaten. Nach israelischen Angaben sind etwa 450 Hisbollah- Milizionäre getötet worden. Auf libanesischer Seite starben nach Schätzungen der Regierung rund 1000 Menschen.

Annan will Kana-Angriff überprüfen

Der israelische Angriff auf die libanesische Ortschaft Kana könnte nach Ansicht von UN-Generalsekretär Kofi Annan einen Verstoß gegen das Völkerrecht darstellen. Annan sprach sich in einem Bericht für eine weitere Untersuchung des Bombardements vom 30. Juli aus, bei dem 28 Menschen getötet wurden. Bei der Hälfte der Opfer habe es sich um Kinder gehandelt, erklärte Annan. Der Angriff müsse im breiteren Kontext eines möglichen Musters von Verstößen gegen das Völkerrecht gesehen werden, hieß es in dem sechsseitigen Bericht weiter.

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AP/Reuters/DPA