Nahost-Krise Israel setzt Zwei-Fronten-Offensive fort

Die Lage im Nahen Osten spitzt sich zu: In der sechsten Nacht in Folge hat Israel Ziele im Libanon und im Gaza-Streifen bombardiert. Beim Gegenangriff der Hisbollah-Miliz schlugen die Raketen so weit in Israels Landesinneren ein wie nie zuvor. Unterdessen hat sich auch Israels Botschafter Shimon Stein zu Wort gemeldet.

Die israelische Luftwaffe hat am Montagmorgen den sechsten Tag in Folge Ziele im Libanon und im Gazastreifen bombardiert und damit ihre Zwei-Fronten-Offensive mit unverminderter Härte vorangetrieben. Bei den neuen Angriffen wurden mindestens 17 Menschen getötet.

Israelische Medien berichteten, das Artilleriefeuer solle Raketen-Abschussrampen der radikal-islamischen Hisbollah-Miliz aus dem Grenzbereich verdrängen. Dabei konzentriere sich die Armee auf getarnte Rampen in libanesischen Dörfern, hieß es. Israel hatte am Sonntag Flugblätter über Dörfern im Süden des Landes abgeworfen und die Einwohner zur Flucht aufgefordert.

1000 Deutsche warten auf die Ausreise

Die internationale Staatengemeinschaft ist derweil weiter bemüht, ausländischer Bürger aus dem Libanon in Sicherheit zu bringen. Nachdem am Wochenende bereits knapp 200 Deutsche das Land verlassen hatten, warteten am Montag noch immer mehr als 1000 weitere deutsche Staatsbürger - die meisten davon libanesischer Herkunft - in Beirut auf ihre Ausreise. Großbritannien flog am Vormittag rund 40 Europäer aus, die meisten davon Briten.

Rakete flog 50 Kilometer weit

Im nördlichen Libanon kamen bei Luftangriffen auf zwei Militärstützpunkte nach Angaben aus Sicherheitskreisen neun libanesische Soldaten ums Leben. Zahlreiche weitere Soldaten wurden verletzt. Die Zahl der Opfer könne noch steigen, hieß es. Im Osten des Landes griff die israelische Armee zudem die Häuser von Hisbollah-Vertretern an. Dabei kamen fünf Menschen ums Leben. Drei weitere Menschen starben bei Angriffen auf den Süden der Hauptstadt Beirut, wo Benzinlager und Fabriken ins Visier genommen wurden.

Israel hatte seine Luftangriffe nach der Entführung zweier Soldaten durch die libanesische Hisbollah-Miliz am Mittwoch begonnen. Die Hisbollah antwortete mit einem massiven Raketenbeschuss aus dem Südlibanon auf verschiedene Städte im Norden Israels. Am späten Sonntagabend waren erstmals mehrere im Libanon abgefeuerte Raketen in der nordisraelischen Stadt Afula eingeschlagen. Es war mit rund 50 Kilometern die bisher größte Distanz, über die Raketen auf Ziele in Israel abgefeuert wurden. Auch im umliegenden Jizrael-Tal fielen mehrere Geschosse in offenes Gelände. Menschen wurden nicht verletzt.

Gefechte setzen sich auch im Gaza-Streifen fort

Militante Palästinenser feuerten am Montagmorgen auch aus dem Gazastreifen erneut Kassam-Raketen auf die israelische Grenzstadt Sderot. Dabei wurden zwei Israelis verletzt, drei weitere erlitten einen Schock. Im Gazastreifen machte daraufhin die israelische Luftwaffe das achtstöckige Gebäude des palästinensischen Außenministeriums dem Erdboden gleich. Zudem zerstörte sie ein Büro der regierenden Hamas im nördlichen Dschabalja.

Auf libanesischer Seite kamen bisher mehr als 150 Menschen ums Leben, fast alle davon Zivilisten. In Israel wurden mindestens 24 Menschen getötet. Unter den Opfern im Libanon sind auch sieben Kanadier. Das israelische Militär gab der Hisbollah die Schuld für den Tod der Ausländer.

Israels Botschafter nennt Iran und Syrien mitschuldig

Unterdessen warf Israels Botschafter in Deutschland, Shimon Stein, dem Iran und Syrien in einem Interview der "Bild"-Zeitung eine Verwicklung in die jüngsten Angriffe auf Israel vor. "Der Beschuss Israels durch die Hisbollah ist nur durch die jahrelange militärische und politische Unterstützung aus dem Iran und aus Syrien möglich", sagte Stein der Tageszeitung "Bild" laut Vorabbericht.

Der Iran habe neben der libanesischen Hisbollah auch die radikale Palästinenser-Gruppe Hamas mit Raketen beliefert und finanziell unterstützt. Vertreter der iranischen Revolutionären Garde würden sich derzeit im Libanon aufhalten, um dort die Hisbollah bei ihren Angriffen auf Israel zu beraten und zu unterstützen. "Das zeigt, wie ernst man die Ankündigung des iranischen Präsidenten (Mahmud) Ahmadinedschad nehmen muss, Israel von der Landkarte tilgen zu wollen", fügte Stein hinzu.

Annan und Blair fordern internationale Truppen

UN-Generalsekretär Kofi Annan und der britische Premierminister Tony Blair haben am Montag die Stationierung internationaler Truppen in Nahost gefordert. Auf diese Weise könne die Bombardierung Israels gestoppt werden, erklärte Blair nach einem Treffen mit Annan am Rande des G-8-Gipfels in St. Petersburg. Annan forderte Israel auf, internationales Recht zu respektieren und die Zivilbevölkerung sowie die Infrastruktur zu schützen. Die Vereinten Nationen erwägen, ihre Mitarbeiter aus dem Libanon in Sicherheit zu bringen, wie Annan weiter erklärte.

DPA · Reuters
DPA/Reuters