Nahost Sicherheitsrat mahnt zur Ruhe

Nach der Eskalation der Gewalt im Nahen Osten hat sich der UN-Sicherheitsrat tief besorgt gezeigt. Weitere Anschläge werden befürchtet: Die EU droht bereits mit Kürzungen der Hilfsgelder für die Palästinenser, rief aber auch Israel zur Räson.

Nur wenige Stunden nach der Erstürmung eines palästinensisches Gefängnisses in Jericho durch die israelische Armee hat der UN-Sicherheitsrat in New York Israelis und Palästinenser zur Ruhe gemahnt. "Die Mitglieder des Rates sind ernsthaft besorgt über die Gewalt", sagte der amtierende Ratspräsident Cesar Mayoral aus Argentinien in einer Erklärung an die Presse. Wegen des israelischen Militäreinsatzes hatte zuvor Palästinenserpräsident Mahmud Abbas seine Europareise abgebrochen. Er kehrte noch am Dienstagabend in die Palästinensergebiete zurück.

Die israelische Armee hatte das Gefängnis seit Dienstagmorgen belagert, mit Granaten beschossen und Teile des Gebäudes mit Bulldozern zerstört, um den inhaftierten Palästinenserführer Ahmed Saadat und mehrere Gefolgsleute in ihre Gewalt zu bringen. Am Abend gaben die Palästinenser auf und stellten sich den israelischen Sicherheitskräften.

Aus Protest gegen den Einsatz und einen Abzug internationaler Beobachter aus der Haftanstalt kurz vor Beginn der Belagerung verschleppten militante Palästinenser mindestens neun Ausländer, darunter vier Franzosen, und attackierten europäische Büros im Gazastreifen. Zwei entführte französische Mitarbeiterinnen der Hilfsorganisation Ärzte der Welt kamen nach Angaben des Pariser Außenministeriums am Abend wieder frei.

Sicherheitsrat appellierte an Geiselnehmer

Der UN-Sicherheitsrat appellierte an die palästinensischen Geiselnehmer, alle Entführten umgehend freizulassen. Die Presseerklärung des Ratspräsidenten ist die schwächste Form einer Stellungnahme des Sicherheitsrates. Katar, derzeit turnusmäßiges Mitglied des Sicherheitsrates, hatte nach Angaben von Mayoral den Entwurf einer in ihrer Bedeutung gewichtigeren Präsidentenerklärung vorgelegt. Diese sei jedoch "auf Wunsch eines anderen Sicherheitsratsmitglieds" auf Mittwoch verschoben worden, sagte Mayoral.

Bei dem Militäreinsatz in Jericho töteten israelische Soldaten mindestens drei Palästinenser, darunter zwei Polizisten. Soldaten feuerten aus Panzern und von Hubschraubern aus auf das Gefängnis, um die Inhaftierten zur Aufgabe zu zwingen. Bulldozer begannen mit dem Abriss. Israel begründete den Einsatz mit einer Ankündigung von Palästinenserpräsident Abbas, Saadat könne freikommen.

Saddats Freilassung verhindert

Saadat war in dem Gefängnis in Jericho seit 2002 auf Basis einer Übereinkunft festgehalten worden, die eine Belagerung des Hauptquartiers des damaligen Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat in Ramallah beendet hatte. Saadat ist Generalsekretär der radikalen Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) und wird wegen des Mordes an dem israelischen Tourismusminister Rechwam Seewi im Jahr 2001 von Israel gesucht.

Die PFLP hat nach eigenen Angaben noch eine US-Bürgerin, einen Australier und einen Mitarbeiter des Roten Kreuzes aus der Schweiz in ihrer Gewalt. Außerdem wurden vier weitere Ausländer aus einem Hotel von bewaffneten Palästinensern verschleppt. Darunter seien auch eine französische Journalistin und ein Fotograf, hieß es in Paris. Demonstranten verwüsteten zudem in Gaza ein britisches Kulturzentrum und steckten es in Brand. Auch die bereits geschlossene Vertretung der Europäischen Union und ein französisches Kulturzentrum wurden attackiert. Mehrfach wurde Feuer auf Autos eröffnet, in den Ausländer unterwegs waren.

EU missbilligt Eskalation der Gewalt

Die Europäische Union (EU) hat die Palästinenser vor Kürzungen der Hilfsgelder gewarnt, sollten die Übergriffe auf Einrichtungen ihrer Mitgliedsländer und die Geiselnahmen westlicher Bürger nicht enden. "Wenn das weitergehen sollte, wird es natürlich eine Überprüfung unserer Hilfen geben. Und die ersten, die darunter zu leiden hätten, wären die Palästinenser selbst", sagte EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner am Dienstag vor einem Treffen mit Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas in Straßburg. Gleichzeitig kritisierte Ferrero-Waldner Israel.

"Israel befindet sich im Wahlkampf, aber ich denke trotzdem, dass wir diese Aktion Israels verurteilen müssen", sagte die Außenkommissarin weiter. Die EU-Kommission missbillige gleichzeitig den Angriff auf die EU-Vertretung sowie Vertretungen der Mitgliedsländer. "Wir verurteilen auch die Entführungen, die es gegeben hat. All diese Menschen sind dort, um den Palästinensern zu helfen", sagte Ferrero-Waldner. Die EU hilft unter anderem bei der Überwachung des Grenzübergangs Rafah zwischen dem Gaza-Streifen und Ägypten. Zudem beraten EU-Mitarbeiter die palästinensische Polizei. Insgesamt stellt die Union den Palästinensern jährlich Hilfen von einer halben Milliarde Euro bereit.

DPA · Reuters
DPA/Reuters