Parlamentswahlen Thailands Wähler verweigern ihr Kreuz

Viele Thailänder boykottierten die Parlamentswahl, für den unbeliebten Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra könnte es dennoch zur Mehrheit gereicht haben. Experten befürchten gewaltsame Proteste, die in einem Militärputsch enden könnten.

Trotz einer Protestkampagne der Opposition hat die Regierungspartei in Thailand bei der Parlamentswahl ersten Ergebnissen zufolge offenbar eine Mehrheit errungen. Zugleich folgten aber viele Wähler dem Boykottaufruf, weshalb nicht mit einem Ende der politischen Krise gerechnet wurde. In den meisten Bezirken der Hauptstadt Bangkok lag die Zahl der Stimmen für die Partei von Ministerpräsident Thaksin Shinawatra niedriger als die Zahl der Enthaltungen.

Auch im Süden des Landes war die Oppositionskampagne für eine Stimmenthaltung offenbar erfolgreich. In den ländlichen Regionen im Norden und Nordosten erzielte die Regierungspartei Thai Rak Thai aber wie erwartet eine Mehrheit. Thaksin hat seinen Rücktritt für den Fall angekündigt, dass seine Partei weniger als 50 Prozent der Stimmen erhält.

Korruption und Amtsmissbrauch

Der Ministerpräsident will sich heute Abend in einer Fernsehansprache an die Bevölkerung wenden. Vertreter seiner Partei räumten ein, vom Erfolg der Oppositionskampagne überrascht zu sein. Das Ergebnis der Wahl in Bangkok sei "ein bisschen enttäuschend", sagte Kabinettsmitglied Suranand Vejjajiva. Die Opposition hatte zum Boykott aufgerufen und den Bürgern empfohlen, sich der Stimme zu enthalten.

Thaksins Gegner hoffen, dass wegen der erforderlichen Mindestzahl von Stimmen ein großer Teil der 500 Parlamentsmandate unbesetzt bleibt. Das Wahlrecht verlangt, dass Kandidaten in Bezirken, in denen nur eine Partei antritt, die Stimmen von mindestens 20 Prozent der registrierten Wähler erhalten müssen. Andernfalls wird eine Nachwahl erforderlich. Dies könnte nach Auffassung von Juristen dazu führen, dass sich das neue Parlament nicht konstituieren kann. Thaksin hatte die vorgezogene Parlamentswahl angesetzt, nachdem seine Regierung in wochenlangen Demonstrationen zunehmend unter Druck geraten war. Die Opposition wirft ihm Korruption und Amtsmissbrauch vor.

Rücktritt Thaksins möglich

"Die Wahl wird zu einer Blockade führen, die sich Monate hinzieht", sagte der Politikwissenschaftler Somjai Phagaphasvivat. Während das politische Patt am Sonntag als sicher galt, war aber weithin unklar, wie die prekäre Situation überwunden werden könnte. Die Prognosen reichten von notfalls mehreren Nachwahlen, gewaltsamen Protesten, einem Ausnahmezustand und einem Militärputsch bis hin zum Eingreifen des Königs Bhumibol Adulyadej oder auch dem Rücktritt Thaksins.

AP · Reuters
Reuters/AP