Thailand Wahlkampf aus dem Wochenbett: Diese Politikerin will Asiens jüngste Premierministerin werden

Die thailändische Oppositionskandidatin Paetongtarn Shinawatra tritt bei den Wahlen in Thailand an
Nur zwei Wochen vor der Wahl in Thailand hat die Oppositionskandidatin Paetongtarn Shinawatra ihr Kind bekommen
© Jack Taylor / AFP
Ihr erstes Ziel hat Paetongtarn Shinawatra schon mal erreicht: "Ich wünsche mir nur, dass ich am Wahltag nicht in den Wehen liege." Die Oppositionelle hat gute Chancen, die Wahlen in Thailand zu gewinnen – und könnte am Ende trotzdem nicht Regierungschefin werden.

Am 14. Mai wird nicht nur in Bremen und der Türkei gewählt, sondern auch in Thailand. Nach acht Jahren unter der Militärjunta könnte es diese Frau nun sein, die die Regierungsgeschäfte in Thailand übernimmt: Paetongtarn Shinawatra, Spitzname "Ing". Die zweifache Mutter hat erst vor wenigen Tagen ihren Sohn geboren und wäre mit 36 Jahren die jüngste Regierungschefin Asiens. Auch in vielen Umfragen liegt sie vorne. Dennoch dürfte sie es schwer haben. Denn der amtierende Premierminister General Prayuth, der sich 2014 mit Hilfe der Armee an die Macht putschte, veränderte in seiner Amtszeit das politische System. Nun könnte selbst eine Mehrheit der Stimmen für Shinawatra nicht ausreichen. Dabei kennt man sie in Thailand.

2014 erlebte Thailand den letzten Putsch

Thailand ist eine konstitutionelle Monarchie mit bewegter Vergangenheit. Ganze 13 Staatsstreiche hat das Königreich seit 1932 erlebt. Damals wurde aus der absoluten eine konstitutionelle Monarchie, ein ähnliches Regierungssystem wie in Großbritannien. Die Gesetze werden vom Parlament beschlossen, der jeweils amtierende Monarch hat ein Veto-Recht. Der aktuelle König, Rama X., soll laut Medienangaben der reichste Monarch der Welt sein und ist hierzulande dank der "Bild"-Zeitung als verwöhnter "Thai-König" bekannt geworden.

Nun wird im Mai das Parlament gewählt und damit auch der Posten des Regierungschefs vergeben. Es stehen zur Wahl: Der amtierende Premier Prayuth Chan-ocha mit der Partei "United Thai Nation", Pita Limjaroenrat von der "Move Forward"-Partei und Paetongtarn Shinawatra von der größten Oppositionspartei, "Pheu Thai". Wochenlang lag "Ing" in den Umfragen vorne, liefert sich aber in Umfragen der National Institute of Development Administration (NIDA) in Bangkok ein wechselndes Rennen mit der "Move Forward"-Partei: 29 gegen 35 Prozent. Weit abgeschlagen ist der amtierende General mit knapp 15 Prozent.

Die Kandidatinnen und Kandidaten schenken sich nichts im Wahlkampf. Hochschwanger trat Shinawatra auf den Bühnen des Landes auf, traf zahlreiche Menschen und hatte zu dieser Zeit bereits eine zweijährige Tochter. Am 1. Mai bekam sie nun mit ihrem Sohn Thasin ihr zweites Kind. Nur zwei Tage nach der Entbindung lud sie Vertreterinnen und Vertreter der Medien ins Krankenhaus ein und hielt eine Pressekonferenz ab. Ihre Kinder seien ihre geheime Kraft, sagte sie dort, "um zu arbeiten und das tägliche Leben zu führen." Sie wurde aber schnell politisch: "Thailand muss sich verändern und die Pheu Thai Partei ist die Lösung."

In der Klinik zeigt Paetongtarn Shinawatra ihren neugeborenen Sohn Thasin
Noch in der Klinik nimmt Paetongtarn Shinawatra einen Wahlkampftermin wahr, zeigt dabei auch ihren neugeborenen Sohn Thasin
© Manan Vatsyayana / AFP

Paetongtarn Shinawatra ist keine Unbekannte

Sie trete für mehr Demokratie an, erklärte die junge Politikerin im März in einem Interview mit dem "Time"-Magazine. Obwohl "Ing" erst seit einem Jahr in der Politik ist, legte sie einen kometenhaften Aufstieg hin. Man kennt sie in Thailand, vor allem durch ihren Familiennamen. Ihr Vater Thaksin Shinawatra war 2001 ein bei den Ärmeren und der Arbeiterklasse beliebter Premierminister. Der ehemalige Polizeioffizier gründete 1987 ein eigenes Telekommunikationsunternehmen und wurde damit Milliardär. In den 90er Jahren ging er in die Politik und holte 2001 einen Erdrutschsieg bei den Wahlen zum Premierminister.

2006 entmachtete ihn das Militär, verbot seine Partei und riss die Macht an sich. Seitdem lebt er im Exil, weil ihm in der Heimat eine Haftstrafe droht. Die Vorwürfe: Vetternwirtschaft und Stimmenkauf. Beobachterinnen und Beobachter sagen, er würde auch aus Dubai noch Einfluss auf die Politik ausüben. 2011 kandidierte dann Thaksins Schwester als Premierministerin, Yingluck Shinawatra. Sie trat für die neu gegründete Partei "Pheu Thai" an, für die nun auch seine Tochter kandidiert. Doch auch Yingluck wurde gestürzt. 2014 enthob sie das thailändische Verfassungsgericht des Amtes und warf ihr Amtsmissbrauch vor. Später wurde sie der Korruption angeklagt und bekam eine hohe Geldstrafe – setzte sich jedoch wie ihr Bruder ins Ausland ab und lebt heute im Exil. Beide streiten die Vorwürfe bis heute ab und nennen sie politisch motiviert.

Wie sich die Familiengeschichte auf die Tochter und Nichte "Ing" auswirken wird, wird sich kommende Woche zeigen. Die starken Umfragewerte geben ihr Recht, doch das politische System Thailands wird ihr einen Wahlsieg zusätzlich erschweren.

Das Parlament in Thailand besteht aus 500 Mitgliedern, die in vom Volk gewählt werden und dann den Regierungschef oder die -chefin bestimmen. Doch der amtierende Premier, General Prayuth, hat in seiner Amtszeit die Verfassung geändert und daneben 250 Senatoren eingesetzt, die nun gleichwertig ihre Stimme abgeben. Sie haben der Militärjunta ihre Macht zu verdanken und sollen ihr treu ergeben sein. Um zu gewinnen, müsste Paetongtarn Shinawatra also mindestens 376 Stimmen in Parlament und Senat erhalten. Doch die thailändische Geschichte zeigt, dass sie selbst dann vor einem Putsch nicht gefeit sein dürfte.

Am 14. Mai wird gewählt. Viel Zeit bleibt der frischgebackenen zweifachen Mutter nicht, um sich zu erholen. Deshalb will sie in wenigen Tagen wieder voll in den Wahlkampf einsteigen, um Asiens jüngste Premierministerin zu werden. Vor der Militärjunta fürchtet sich die 36-Jährige nicht, gibt sie sich im März gegenüber dem "Time"-Magazine noch betont optimistisch: "Ich habe keine Angst. Die Menschen sind mit dem Putsch nicht mehr einverstanden. Thailand braucht Veränderung."