PRESSESCHAU 26.03.: Offensive der mazedonischen Armee

Die ausländischen Printmedien beschäftigen sich in ihren Kommentaren mit der angespannten Lage in Mazedonien und mit dem Ausgang der Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.

»The Independent«: Rechte aller Mazedonier achten

Die liberale britische Zeitung »The Independent« schreibt am Montag zur Lage in Mazedonien: »Nach dem erfolgreichen und gerechten Krieg der NATO zur Befreiung der Albaner von deren Unterdrückung, der durch den Sturz Milosevics in Serbien bestätigt wurde, ist es seltsam, dass beispielsweise Tony Blair nicht mehr zur Verteidigung der Menschenrechte anderer ethnischer Gruppen gesagt hat, beispielsweise der Roma. Man kann nicht erwarten, dass Europa unter allen Umständen und überall ein universelles Menschenrecht verteidigt. Aber etwas mehr Konsequenz wäre zu begrüßen, wenn einige der internationalen Politiker etwas unterstützen oder verurteilen. ... Schöne Worte über Menschenrechte müssen durch eine konsequente Beurteilung und anschließendes Handeln begleitet werden. In Mazedonien ist es wichtig, bei der Bewertung eindeutig zu sein: die Rebellen müssen verurteilt und die Regierung mit allen Mitteln unterstützt werden. Aber man muss auch darauf bestehen, dass die Menschenrechte aller Mazedonier geachtet werden.«

»Lidove noviny«: Balkan-Konflikt ist Katastrophe für NATO

Die konservative tschechische Tageszeitung »Lidove noviny« (Prag) meint am Montag zur Lage in Mazedonien: »Mazedonien hat sich nach den albanischen Angriffen nun also zur Offensive entschieden. Aber brennende Dörfer zeigen, dass etwas nicht in Ordnung ist: Die mazedonische Armee unterscheidet wohl nicht zwischen «unseren» und «den anderen» Albanern - bevor sie langwierig nach den versteckten Bunkern der Aufständischen sucht, zerstört sie lieber Dörfer, die auf der Straßenkarte eingezeichnet sind. Die örtlichen Albaner zahlen damit für die Unfähigkeit der KFOR, die Grenze zwischen Mazedonien und Albanien unter Kontrolle zu halten. Und sie zahlen für die seit zwei Jahren unklare Haltung der Europäer zu den Albanern - einer Nation, zu deren Schutz die NATO den ersten Kampfeinsatz ihrer Geschichte absolviert hat. Für den Balkan ist der Konflikt nichts Neues, aber für Brüssel ist er eine Katastrophe.«

»Basler Zeitung«: Siegertypen im Süden

Zu den Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland- Pfalz meint die »Basler Zeitung« am Montag: »Noch anderthalb Jahre bleiben bis zur Bundestagswahl im Herbst 2002. Dann wird sich die Regierung von Bundeskanzler Gerhard Schröder, das erste rot-grüne Regierungsbündnis in der Geschichte der Bundesrepublik, dem Wählervotum stellen. Von den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz (den einzigen in diesem Jahr) haben sich die Politauguren einen Fingerzeig erhofft, wohin die Reise geht nach 2002. Tragfähige Schlüsse lassen die beiden Landtagswahlen am Rhein hingegen nicht zu. Erfahrene, erfolgreiche und volksnahe Landesväter haben beide Wahlen souverän für sich entschieden - umso weniger konnten bundespolitische Einflüsse auf die Landeswahlen durchschlagen. ... Die Ausgangslage für die Wahl 2002 präsentiert sich gegenwärtig so: Die SPD ist in guter Verfassung, ihr droht aber mit den Grünen der Koalitionsparter abhanden zu kommen. In den Parlamenten von Stuttgart und Mainz ist die Ökopartei lädiert. ... Und die CDU? Sie wird sich eingestehen müssen, dass Christoph Böhr in Rheinland-Pfalz schlicht eine Fehlbesetzung war. Sie wird durch die beiden Landtagswahlen aber vor allem daran erinnert, dass sie manches ihrer Schwergewichte im Süden der Republik hat.«

»La Vanguardia«: In Deutschland bleibt alles beim Alten

Zum Ausgang der Landtagswahlen in Baden- Württemberg und Rheinland-Pfalz meint die spanische Zeitung »La Vanguardia« (Barcelona) am Montag: »Die Landtagswahlen haben im Südwesten Deutschlands alles beim Alten belassen, jedenfalls was die großen Parteien betrifft. Die CDU gewann in Baden-Württemberg, die SPD in Rheinland-Pfalz. Für die SPD, die in Baden-Württemberg stark zulegte, verbesserten sich die Chancen, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder im nächsten Jahr wiedergewählt wird. Die CDU hat eine Atempause erhalten und Zeit gewonnen, ihre seit 1998 währende Führungskrise beizulegen. Die Wahlen bedeuteten für Schröder eine gute und eine schlechte Nachricht. Die schlechte ist, dass der Koalitionspartner der Grünen zunehmend in Bedrängnis gerät. Es erscheint fraglich, ob Umweltminister Jürgen Trittin im Amt bleiben wird. Die gute Nachricht ist, dass die ausländerfeindliche Partei der Republikaner einen mächtigen Dämpfer erhielt.«

»La Repubblica«: Sorgen für den Kanzler

Die römische Zeitung »La Repubblica« kommentiert am Montag die Folgen der Landtagswahlergebnisse für die Bundesregierung: »Es handelt sich um eine Botschaft mit bedeutungsschweren Konsequenzen an die Bundesregierung: Der Kanzler sieht seine persönliche Stellung zwar gestärkt, aber das schlechte Abschneiden seiner ökologischen Partner droht doch, die Koalition zu lähmen. Die einzige, aber solide Rettungsgedanke für den Regierungschef: die Liberalen, wenn sie auch an Stimmen verlieren, sind jetzt dabei, die Grünen auf nationaler Ebene im Durchschnitt zu überholen und sie profilieren sich zugleich immer mehr als mögliche Alternative für die Sozialdemokraten im Bund. Die harten Attacken Trittins zum Thema Nationalstolz haben den Ökologen schwer geschadet, weil sie dazu geführt haben, die Wähler der rechten Mitte zu mobilisieren.«