Das erste TV-Duell zwischen den US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und Hillary Clinton hat in den deutschen Medien ein breites Echo gefunden. Eine Auswahl der Pressetimmen:
"Tagesschau.de": "Gepunktet, aber noch nicht gewonnen"
Beim ersten TV-Duell wollte Clinton zeigen, dass sie bereit zum Regieren ist. Trump wollte zeigen, dass die Amerikaner diesen Politikertypus satt haben: Am Ende punktete die Demokratin mit ihrem Faktenwissen. Gewonnen hat sie aber noch lange nicht. (...) Die spannende Frage ist: Was wird bei der nächsten Debatte passieren? Wird sich Donald Trump diesmal besser vorbereiten? Wird sich Hillary Clinton nach der Anspannung der ersten Runde in einer falschen Sicherheit wiegen? Zweimal treffen die beiden noch aufeinander. In sechs Wochen wird gewählt.
"Frankfurter Allgemeine.net": "Trump Wind aus den Segeln genommen"
Nach der Vorstellung in der Nacht zum Dienstag war es die ehemalige Senatorin und frühere Außenministerin, die den besseren Eindruck machte, die sich beherrscht und doch resolut gab. Sie erbrachte den Nachweis, dass Erfahrung und Kenntnisreichtum trotz aller Verleumdungen doch nicht die schlechtesten Voraussetzungen sein müssen für das wichtigste Amt im Staate Amerika. Während Trump mit ständig erhobenem Zeigefinger einem Neoisolationismus das Wort redete und seine Taten als Unternehmer pries, wirkte Clinton durchaus präsidentiell.
Selten war ein Schlagabtausch im amerikanischen Fernsehen so aggressiv. Das lag vor allem an Trump, der Clinton ständig unterbrach und in lange, mäandernde Selbstrechtfertigungsdiskurse verfiel. Nach allen gängigen Kriterien hat trotzdem Clinton dieses Duell klar gewonnen. Sie zeigte sich ruhig und gleichzeitig schlagfertig, reagierte zuweilen gar spontan und humorvoll auf Trumps zum Teil befremdliche Ausführungen ("Donald, wir wissen ja, dass du in deiner eigenen Realität lebst"). Clinton kommunizierte klarer und strukturierter und war in den Themen deutlich sattelfester, während man Trumps freien Assoziationen oft schwer folgen konnte.
Trump hatte auch weder seine Mimik im Griff, noch hatte er die nötige Geduld, Clinton ausreden zu lassen und dann erst zu reagieren, während sie ihm mit gelassenem Pokergesicht folgte und deutlich souveräner wirkte. Dass Trump Clinton immer wieder rüde unterbrach und gefühlt sehr viel mehr Redezeit beanspruchte, dürfte gerade bei Frauen nicht gut angekommen sein, aber auch bei all jenen Männern nicht, denen ein ziviler und höflicher Stil wichtig ist.
"Spiegel Online": "Clinton führt Trump vor"
Für Donald Trump verläuft die erste TV-Debatte gegen Hillary Clinton überraschend verheerend. Der Milliardär ist fahrig und unsicher, gegen Ende nimmt ihn seine Rivalin regelrecht auseinander. (...) Die Schlappe kommt für ihn zur Unzeit, zuletzt schien er in Umfragen entscheidend aufgeholt zu haben, nun droht er wieder Schwung zu verlieren. Viele unentschlossene Wähler dürfte er mit seiner Performance nicht überzeugt haben und auch all jene, die an seinem Temperament gezweifelt haben, dürfte er kaum beruhigt haben. Trumps Ton ist teils schrill, seine Körpersprache raumgreifend, er gibt häufig den Kläffer, der wie schon in den Vorwahlen mit seinem Reichtum und seinen Investments prahlt.
Aber: Etliche Situationen haben in den vergangenen Monaten gezeigt, dass sich seine Anhänger davon nicht irritieren lassen. Sie könnten aus der Debatte mitnehmen, dass er Jobs retten und für mehr Polizei auf den Straßen sorgen will. Trump, der starke Mann - von diesem Bild wird sich so leicht keiner seiner Anhänger abbringen lassen.
"Stuttgarter Zeitung.de": "Trump ziellos, Clinton gelassen"
Die 68 Jahre alte Ex-Außenministerin ist nach der ersten von insgesamt drei Debatten ihrem Ziel, als erste Frau den Chefposten im Weißen Haus zu übernehmen, ein Stück näher gerückt. Während des TV-Duells gibt sich sehr abgeklärt, aber nicht abgehoben. Sie reagiert gelassen auf die Aggressivität ihres 70 Jahre alten Konkurrenten Donald Trump und punktet mit Faktenwissen. (...)
Der Immobilienmilliardär aus New York dagegen hat sich nur in der ersten halben Stunde im Griff. Clinton-Sprecher Brian Fallon kommentiert das genüsslich: "Innerhalb der ersten dreißig Minuten war klar, dass Donald Trump vor den Augen des amerikanischen Volkes die Fassung verliert, aber in den letzten beiden Teilen wurde es noch schlimmer." Selbst der Trump-Anhänger Rudolph Giuliani, ehemals Bürgermeister von New York, sagt: "Diese Debatte war nicht seine beste, aber es kommen noch zwei."
"Zeit Online": "Trump geht die Puste aus"
Am Ende der Debatte bringt Donald Trump kaum noch einen geraden Satz heraus. Auf die Frage des Moderators, wie er die Vereinigten Staaten vor internationalen Hackerangriffen schützen wolle, faselt der Milliardär von seinem 10-jährigen Sohn, der sich bestens mit Computern auskenne. Nichts hängt mehr zusammen, nichts ergibt mehr einen Sinn. Hillary Clinton lächelt nur still. Sie weiß: Das Duell ist gelaufen.
Der Auftritt des republikanischen Präsidentschaftskandidaten während der ersten TV-Debatte des Wahlkampfs war erschreckend. Zwar war klar, dass Trump der Ex-Außenministerin Clinton inhaltlich nicht gewachsen ist und auch über weniger Debattenerfahrung verfügt als die Demokratin. Doch dass der zuletzt so siegessichere Immobilientycoon im Angesicht seiner Rivalin in diesem Maße in sich zusammenfallen würde, hat wohl kaum jemand erwartet. Trump hat die Debatte verloren – und das deutlich.
Die Demokratin hat das Momentum gestoppt, das in den vergangenen Wochen auf der Seite ihres republikanischen Gegners war. Im TV-Duell gelang es ihr, Trump immer wieder zu provozieren. (...) Clinton war klar die Punktsiegerin. Doch die Wahlschlacht ist noch längst nicht vorbei. (...) Nur 24 Prozent der Amerikaner haben Umfragen zufolge ihre Meinung durch die Debatte geändert.

"Taz.de": "Clinton mit Ausdauer"
Einen Sieger oder eine Siegerin auszumachen, ist in diesem irrationalen Wahljahr selbst an einem Abend spekulativ, an dem es scheint, als habe Clinton fast alles richtig gemacht. Um es mit den Kandidaten zu sagen: "Ich habe ein besseres Temperament als Hillary. Ich habe ein Gewinner-Temperament. Sie weiß nicht, wie man gewinnt. Gerade erst bei der AFL-CIO (ein US-kanadischer Gewerkschaftsdachverband, Anm. d. Red.) war sie außer Kontrolle! Da haben wir eine Person mit einem problematischen Temperament!" Clinton: "Whoo. Okay."