Proteste in der arabischen Welt US-Außenpolitik droht der Zusammenbruch

Mit der Protestwelle werden auch die strategischen Probleme der USA in der arabischen Welt immer größer. Nächstes Sorgenkind: der Marinestützpunkt Bahrain. Steht Barack Obama vor einem außenpolitischen Debakel?

Es hatte alle Zutaten für einen Hollywood-Film. Mit vereinten Kräften stürzte das Volk in Ägypten seinen verhassten Diktator. Am anderen Ende der Welt feierte der US-Präsident den historischen Moment, verglich ihn mit dem Niederreißen der Berliner Mauer. Doch statt eines "Happy End" erlebte Barack Obama tatsächlich den Beginn einer Fortsetzungsserie - mit völlig unklarem Ausgang für seine Außenpolitik.

Denn anders als es die Lobrede des US-Präsidenten für das ägyptische Volk nach dem Rückzug von Husni Mubarak vermuten ließ, bereitet ihm der rasante Wandel im Nahen und Mittleren Osten heftige Probleme. Nahezu machtlos muss er mitansehen, wie binnen Wochen eine über Jahrzehnte mühsam konstruierte amerikanische Sicherheitsarchitektur in der Region an Stabilität verliert. Bang fragen sich die USA, ob Länder wie Ägypten, Jordanien oder der Jemen als Säulen ihrer Strategie dem politischen Erdbeben standhalten können.

Vor allem mit Bahrain steht ein langjähriger Verbündeter vor einem risikoreichen Wandel. Auch hier befürchtet die US-Regierung, dass die Demokratiebewegung das pro-amerikanische Herrscherhaus aus dem Amt spült und mit einer weniger wohlgesonnenen Regierung ersetzt.

Der kleine Staat ist die Heimat der 5. Flotte der US-Marine, rund 3000 Militärangehörige sind hier stationiert. Sie steuern etwa 30 Schiffe und 30 000 Seeleute, die den Persischen Golf sowie das Arabische und das Rote Meer patrouillieren. Der Standort ist für die Amerikaner von größter Bedeutung: Ihr Verbündeter und wichtiger Öllieferant Saudi-Arabien ist nur einen Steinwurf entfernt.

Die Saudis genießen es, von der Navy speziell vor dem Iran geschützt zu werden, ohne die US-Soldaten auf eigenem Territorium beherbergen zu müssen. Schon deshalb hofft Teheran auf den Sturz der US-Freunde in Manama. "Es ist ein natürliches Ziel des Irans zu versuchen, die 5. Flotte aus Bahrain zu vertreiben", sagt Elliot Abrams vom Institut Council on Foreign Relations in Washington.

Es ist das gleiche Bild wie während der Revolution in Ägypten: Als Friedensnobelpreisträger macht sich Obama für Demokratie stark, als Realpolitiker hofft er auf Stabilität in Bahrain. Weiterhin hält er an seinem diplomatische Schlingerkurs fest, obwohl ihm diese Zaghaftigkeit erneut massive Kritik einbringen dürfte. "Es ist nicht einfach, Demokratie zu fördern und gleichzeitig Monarchien zu schützen", witzelte bereits die "Los Angeles Times".

So schaute Obama der Gewalt gegen friedliche Protestierer in Bahrain tagelang nur zu, ehe er sich durchrang, König Hamad bin Issa al-Chalifa zur Mäßigung und zu Reformen aufzurufen. Das dürfte für ihn schon deshalb unangenehm gewesen sein, weil seine Außenministerin Hillary Clinton just im Dezember Bahrain als Vorbild in der Region bezeichnete. Sie sei "beeindruckt von dem Einsatz der Regierung" für Demokratie, lobte sie das Herrscherhaus bei ihrem Besuch in Manama.

Was sich während der Revolten in Tunesien und Ägypten abzeichnete, ist für Kritiker nun eindeutig: Obama fehlt "jegliche Form einer Gesamtstrategie, schreibt der Kolumnist Niall Ferguson in "Newsweek". "Ein kolossales Versagen der US-Außenpolitik", nennt er Obamas Problem, sich zwischen Realpolitik und seinen Idealen zu entscheiden.

Brisant dabei: Bahrain ist längst nicht die letzte Baustelle. Was wird aus dem verdeckten Krieg gegen Al-Kaida im Jemen, falls es dort zum Umsturz kommt? Wie soll sich die Regierung zu den Demonstrationen im Iran stellen, wie zu den in Libyen? Die Antworten mit dem jetzigen politischen Ansatz zu finden "könnte sich als unerfüllbare Mission erweisen", meint der Nahostexperte Aaron David Miller, der zahlreiche US-Außenminister beriet. "Die Wahrheit ist: Wir sind festgefahren."

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Marco Mierke, DPA