Propaganda-Video Angeblicher Truppen-Besuch: Tschetscheniens Präsident Kadyrow war offenbar nicht in der Ukraine

Tschetscheniens Präsident Ramsan Achmatowitsch Kadyrow (Archivbild)
Tschetscheniens Präsident Ramsan Achmatowitsch Kadyrow (Archivbild)
© Friedemann Kohler / Picture Alliance
Tschetscheniens berüchtigter Präsident Ramsan Kadyrow war angeblich zu Besuch bei seinen Kämpfern nahe Kiew. Ein ukrainisches Online-Portal will nun herausgefunden haben: alles Lüge.

Ramsan Kadyrow, Tschetscheniens berüchtigter Präsident von Putins Gnaden, spielt im Ukraine-Krieg eine wichtige Rolle. Zumindest tut er so. Angeblich sind im Moment tausend freiwillige tschetschenische Kämpfer auf dem Weg in die Ukraine, um an der Seite der russischen Truppen zu kämpfen. Zudem sollen sich zahlreiche bärtige Kaukasier schon im Land befinden und im Einsatz sein. Verifizierbare Berichte über präzise Zahlen findet man kaum. Diverse Videos und Postings im Messengerdienst Telegram verbreiten die Botschaft einer wild um sich schießenden Truppe. Welchen militärischen Wert sie tatsächlich im Kampf haben, ist schwer zu benennen.

Aber an der Propagandafront ist "Bluthund" Kadyrow ganz vorn dabei. So behauptete der 45-Jährige vor wenigen Tagen, dass er sich selbst bei seinen Kämpfern in dem Ort Hostomel nahe Kiew aufgehalten habe. Dazu postete er in der Nacht vom 13. auf den 14. März ein schlecht beleuchtetes Video, das ihn und seine Soldaten versammelt um einen langen Tisch in einem fensterlosen Raum zeigt. Sie halten gebeugt über eine Landkarte oder einen Plan offenbar eine Lagebesprechung ab. "Neulich waren wir etwa 20 Kilometer von Ihnen entfernt, Kiewer Nazis, und jetzt sind wir noch näher, und raten Sie mal, wie nahe wir gekommen sind", schrieb Kadyrow dazu.

Sein Handy war offenbar in Grosny

Doch ob Kadyrow tatsächlich in der Ukraine war, ist höchst zweifelhaft. Das ukrainische Online-Portal "Ukrajinska Prawda" will herausgefunden haben, dass sich zumindest sein Handy in der angegebenen Zeit nicht in Hostomel, sondern in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny befand. Zunächst brachten die Journalisten aus ukrainischen Sicherheitskreisen die zwei Telefonnummern des Handys in Erfahrung. Beide Nummern waren zum angegeben Zeitraum nicht mit ukrainischen Kommunikationsnetzen verbunden.

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Um den Standort des Handys zu orten, verschafften sich die Journalisten unter Anwendung falscher Identitäten zunächst Zugang zur Telegram-Gruppe Kadyrows. Als angebliche Mitarbeiter der russischen Nachrichtenagentur Ria Novosti schickten sie ihm einen Artikel-Link, und zwar gleich an dem Tag, an dem Kadyrow behauptete, bei seinen Truppen in Hostomel zu sein. Sobald der Link geöffnet wurde, konnten die Journalisten von "Ukrajinska Prawda" Standort und IP-Adresse des Handys orten, berichten sie. Und das war Grosny. Der Bericht lässt sich nicht unabhängig überprüfen.

Quellen: DPA, "n-tv"

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