Unionsstaat unter Kreml-Führung Geheimes Kreml-Dokument: Russland plant schrittweise Übernahme von Belarus

Russlands Präsident Wladimir Putin (r.) und der Staatschef von Belarus, Alexander Lukaschenko
Russlands Präsident Wladimir Putin (r.) und der Staatschef von Belarus, Alexander Lukaschenko, im vergangenen Jahr bei einem Treffen in St. Petersburg
© Mikhail Metzel / Sputnik Kremlin / AP / DPA
Ein internes Kreml-Dokument beschreibt nach Angaben mehrerer Medien Pläne von Russlands Präsident Wladimir Putin zur Einverleibung des Nachbarlandes Belarus innerhalb der nächsten sieben Jahre.

Russland will sich einem Medienbericht zufolge offenbar bis zum Jahr 2030 nach und nach sein Nachbarland Belarus einverleiben. Das legt ein Dokument aus der Moskauer Präsidialverwaltung nahe, das NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" nach eigenen Angaben gemeinsam mit neun weiteren Medien ausgewertet haben.

Demnach wollen die Strategen von Kremlchef Wladimir Putin Belarus offenbar politisch, wirtschaftlich und militärisch unterwandern. Ziel wäre ein gemeinsamer Unionsstaat unter russischer Führung, wie die Medien unter Berufung auf das Dokument berichten. Das Bestreben, einen Unionstaat zu errichten, gibt es bereits seit 1999, allerdings war bislang nicht klar, wie weitreichend Russland seine Rolle darin definiert. Bisher war die Union immer als ein Zusammenschluss in beiderseitigem Interesse dargestellt worden. In den nun ausgewerteten Unterlagen geht es dagegen ausschließlich um die Durchsetzung russischer Interessen.

Russland will offenbar eigenen Einfluss sicherstellen

Westliche Sicherheitskreise halten das interne 17-seitige Kreml-Dokument den Berichten zufolge für authentisch. Das Papier mit dem Titel "Strategische Ziele der russischen Föderation in Belarus" stammt offenbar aus dem Sommer 2021. Darin werden laut den Berichten die strategischen Ziele Russlands in Belarus in den Bereichen Politik/Verteidigung, Handel und Ökonomie sowie Gesellschaft aufgelistet und in kurzfristig (bis 2022), mittelfristig (bis 2025) und langfristig (2030) unterteilt.

Das strategische Ziel Moskaus ist demnach unter anderem "die Sicherstellung des vorherrschenden Einflusses der Russischen Föderation in den Bereichen Gesellschaftspolitik, Handel, Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung und Kultur". Die im Februar vergangenen Jahres in Belarus beschlossene Verfassungsreform solle nach russischen Bedingungen vollendet, Gesetze mit denen der russischen Föderation "harmonisiert" werden, heiße es weiter. Gleichzeitig wolle der Kreml den westlichen Einfluss zurückdrängen und ein Bollwerk gegen die Nato schaffen.

"In seiner äußeren Form ähnelt das Dokument einem Standarddokument der russischen Bürokratie oder politischen Verwaltung", sagte Martin Kragh, stellvertretender Direktor des Stockholm Centre for Eastern European Studies (SCEEUS). Der Inhalt stimme "weitgehend mit den politischen Zielen Russlands gegenüber Belarus seit den 1990er-Jahren überein".

Auch mehrere westliche Geheimdienste, denen das Papier gezeigt wurde, halten es den Berichten zufolge für glaubwürdig. "Der Inhalt des Dokuments ist absolut plausibel und entspricht dem, was wir auch wahrnehmen", zitiert die "Süddeutsche Zeitung" einen hochrangigen Nachrichtendienstler. Das Strategiepapier sei als Teil eines größeren Plans von Putin zu sehen: der Schaffung eines neuen großrussischen Reichs.

AFP
mad