Wenn in den USA ein Sonderermittler auf den Plan tritt, dann liegt meist einiges im Argen. Vor allem wenn sich das Objekt des Interesses im Umfeld des Weißen Hauses bewegt. Das tut Donald Trump zwar schon seit zwei Jahren nicht mehr, aber seine zahlreichen Eskapaden als US-Präsident sind immer noch so unaufgeklärt, dass der Staatsanwalt Jack Smith nun Licht in Dunkel bringen soll. Es ist nicht das erste Mal, dass Trump im Fokus der Justiz steht – weder als Privat- und Geschäftsperson, noch als mächtigster Mann der USA.
Wer schafft es, Trump in die Verantwortung zu nehmen?
Mit Robert Mueller hat sich bereits 2017 ein Sonderermittler an Trump die Zähne ausgebissen. Zählt man noch die Vorsitzenden der beiden Amtsenthebungsverfahren gegen ihn dazu, dann sind es bereits sieben Männer und Frauen, die vergeblich versucht haben, Trump in die Verantwortung zu nehmen. Und nun also Jack Smith.
Erfahrung mit schwierigen Fällen hat Smith. Seit 2008 arbeitet er am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Zunächst als Ermittlungskoordinator, ein Posten bei dem er Ermittlungen gegen "ausländische Regierungsvertreter und Milizen wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord" beaufsichtigte. Zwischendurch war er, zurück in den USA, zuständig für große Korruptionsfälle im ganzen Land. 2018 wechselte er an das Kosovo-Sondertribunal in Den Haag, wo 2021 der erste Prozess gegen einen ehemaligen Kommandeur der Befreiungsarmee des Kosovo (UCK) begann.
"Über seine Karriere hinweg hat sich Jack Smith einen Ruf als unparteiischer und entschlossener Staatsanwalt aufgebaut, der seine Teams mit Energie und Konzentration führt, den Fakten zu folgen, wo auch immer sie hinführen", sagte US-Justizminister Garland über den neuen Sonderermittler. Sein neuer Posten dürfte ihn fordern wie kein anderes Amt zuvor, seine Arbeit wird juristisch komplex und politisch kompliziert. Zudem steht ab er sofort im Rampenlicht und wird ganz sicher zahllose Attacken des Trump-Lagers ausgesetzt sein.
"Ich werde es nicht weiter mitmachen"
Donald Trump selbst meldete sich unmittelbar nach Smiths Ernennung zu Wort: der Schritt sei "politisch" und "unfair". Es handele sich um die "schlimmste Politisierung der Justiz" in der US-Geschichte, sagte er dem Sender Fox News. "Das ist beschämend, sie tun das nur, weil ich in den Umfragen vorne liege", so der Republikaner, der aber offenließ, auf welche Umfragen er sich genau bezog. "Ich mache das seit sechs Jahren mit und ich werde es nicht weiter mitmachen", so Trump weiter. "Ich hoffe die Republikaner haben den Mut, dagegen anzugehen."
Blaulicht und Protest – Eindrücke von der Razzia bei Donald Trump

Der zornige Frust des Ex-Präsidenten ist in gewisser Weise verständlich. Smith steht bereits dem vierten Verfahren gegen Trump als Staatsmann vor. Im Mai 2017, kein halbes Jahr nach seinem Amtsantritt, wurde mit dem früheren FBI-Direktor Robert Mueller der erste Sonderermittler gegen Trump berufen. Ein "Special counsel" kommt in den USA immer dann ins Spiel, wenn die Möglichkeit besteht, dass der eigentlich zuständige Chefermittler befangen sein könnte. Damals war es US-Justizminister Jeff Sessions, ein Republikaner, der so den Verdacht von sich weisen wollte, nicht unabhängig zu agieren. Denn die Untersuchung betraf den Wahlkampf Trumps, und damit auch indirekt seine Position.
Keine Anklage gegen Donald Trump
Anderthalb Jahre drehte der erfahrende Ermittler Mueller jeden Stein im Umfeld des US-Präsidenten um. Im Zentrum stand die Frage, ob Russland sich in den US-Wahlkampf eingemischt hatte, ob das Trump-Team davon wusste oder sogar Teil der Einflussnahme war. Eine Reihe von dubiosen Treffen und auch Äußerungen des Präsidentschaftskandidaten selbst nährten den Verdacht. Die Untersuchungen kosteten eine Reihe Leuten aus dem Umfeld des Präsidenten ihren Job, etwa dem Nationalen Sicherheitsberater James Comey. Mueller kam zu dem Ergebnis, dass es zwar zahlreiche Hinweise auf diverse Fehlverhalten gäbe, auch seitens Trumps, aber eine Anklage empfahl er nicht. Auch wenn der Präsident halbwegs ungeschoren aus der Sache herauskam, setzte sich in ihm der Eindruck fest, dass "das System", also alle Washingtoner, mit allen Mitteln versuchen, ihn loszuwerden. Seine Selbststilisierung als "Opfer" des Establishments gehört seitdem zu ihm wie seine Haarspray-Tolle.
Rund ein Dreivierteljahr, nachdem Sonderermittler Mueller seinen Abschlussbericht vorgelegt hatte, leitete das Repräsentantenhaus ein Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump ein. Initiiert wurde der Prozess von den Demokraten, die in der Kongresskammer die Mehrheit hatten. Grund war der Umgang Trumps mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Der Chef des Weißen Hauses soll eine bereits zugesagt Militärhilfe in Höhe von rund einer halben Milliarden Dollar zurückgehalten haben, wenn die Kiewer Behörden nicht gegen den Sohn von Joe Biden ermitteln würden.
Senat stellte sich zweimal hinter Donald Trump
Knapp einen Monat hörten die Abgeordneten des Repräsentantenhauses Zeugen und Argumente. Sie sprachen den Präsidenten schuldig und verwiesen das Verfahren an den Senat. Doch der machte im Januar 2020 kurzen Prozess. Mit ihrer Mehrheit sprachen die Republikaner Donald Trump in den beiden Punkten Amtsmissbrauch und Kongressbehinderung frei. In der gleichen Weise endete auch das zweite Impeachment gegen ihn. Es fand fast ein Jahr nach Ende des ersten Enthebungsversuchs statt. Nancy Pelosi, Chefin des Repräsentantenhauses, wollte den bereits abgewählten US-Präsidenten entmachten. Er sei "ein Sicherheitsrisiko", sagte sie mit Blick auf seine Rolle bei der Erstürmung des US-Kapitols am 6. Januar 2021.
Die Ereignisse dieses Tages, an dem mehrere Menschen starben, und Trumps Rolle dabei wird auch Jack Smith beschäftigen. Ebenso die Staatsgeheimnisse, die Trump aus dem Weißen Haus mit nach Hause nach Florida genommen hatte. "Herr Smith wird seine Arbeit als Sonderermittler sofort aufnehmen", sagte Garland bei der Vorstellung des Sonderermittlers. Der Druck auf ihn ist gewaltig: Seine Ermittlungen werden letztlich darüber entscheiden, ob der Ex-Präsident formell beschuldigt und angeklagt werden könnte. Das wiederum hätte Auswirkungen weit über dessen Kandidatur und seine republikanische Partei hinaus.
Quellen: DPA, AFP, ABC News, "The Week", "New York Times"