Die jüngste Festnahme von zehn mutmaßlichen russischen Spionen in den USA soll das "Tauwetter" zwischen Moskau und Washington keinesfalls gefährden. Amerikanische und russische Medien berichten, hinter den Kulissen bereiteten beide Regierungen bereits einen Agentenaustausch vor - ganz wie in den Zeiten des Kalten Krieges. Angeblich schon an diesem Donnerstag könnte eine spektakuläre Operation anlaufen.
Zwar hüllen sich die Offiziellen in Schweigen, doch in Moskauer Medien sickerte bereits ein konkretes Szenario durch: Demnach will der Kreml den russische Nuklearexperten Igor Sutjagin gegen mehrere der in den USA inhaftierten Spione freigeben.
Es heißt, dass Sutjagin - der für den CIA gearbeitet haben soll - schon aus einem Straflager in Nordrussland nach Moskau gebracht wurde. Von dort solle er in den Westen ausgeflogen werden, verriet seine Anwältin Anna Stawizkaja der Agentur Itar-Tass.
"Mein Mandant hat dem Austausch nach London zugestimmt, weil sonst in Russland sein Leben zerstört gewesen wäre", meinte Stawizkaja. US-Medien meinen, die erste Etappe für Sutjagin heiße Wien, dann London. Womöglich gehe die Reise für den 45 Jahre alten Nuklearwissenschaftler schon am heutigen Donnerstag los.
Sutjagin solle vermutlich gemeinsam mit weiteren enttarnten Spionen eingetauscht werden, sagte Stawizkaja. Nach Ansicht des russischen Bürgerrechtlers Ernst Tscherny will Moskau möglichst viele der vor kurzem in den USA festgenommenen zehn Verdächtigen freibekommen. Auch der 2006 in Russland zu 13 Jahren Haft verurteilte Doppelagent Sergej Skripal solle freikommen, berichteten Moskauer Medien.
Allerdings: Noch gibt keinerlei offizielle Bestätigung. Unterdessen wurde in den USA bekannt, dass alle zehn Festgenommenen am Donnerstag vor einem New Yorker Gericht erscheinen sollen. Dies sehen Insider als erstes Signal, "dass sich bald etwas tun könnte".
Sutjagin war 2004 in einem vielbeachteten Prozess wegen Hochverrats zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Ein Moskauer Gericht hatte es als erwiesen angesehen, dass er Informationen über die russische Raketenabwehr sowie über Atom-U-Boote an eine britische Agentur mit Kontakten zum US-Geheimdienst übergeben hatte.
Ende Juni hatte die US-Bundespolizei FBI in einem spektakulären Schlag gegen einen mutmaßlichen russischen Spionagering zehn Verdächtige festgenommen. Beide Regierungen bemühten sich danach sofort um Schadensbegrenzung. Die Affäre solle keinesfalls die sorgsam gepflegte Verbesserung der bilateralen Beziehungen gefährden, heißt es hinter vorgehaltener Hand in Washington.
In den Zeiten des Kalten Krieges - der Spitzenzeit der Spionage - wurden immer wieder Agenten zwischen der Sowjetunion und dem Westen ausgetauscht. Schauplatz war häufig das damals geteilte Berlin: Der Weg in die Freiheit führte die Spione oftmals über die Glienicker Brücke.