Nach dem verheerenden Terroranschlag mit acht Toten im Libanon werden Rufe nach einem Rücktritt der von der Hisbollah gestützten Regierung immer lauter. Landesweit gingen am Samstag zum nationalen Tag der Trauer insbesondere in den von Sunniten dominierten Regionen Menschen auf die Straße und forderten den Rücktritt von Ministerpräsident Nadschib Mikati. Aufgebrachte Demonstranten zündeten Reifen an. Geschäfte und Schulen blieben geschlossen, an allen Regierungsgebäuden wehten die Fahnen auf halbmast.
Bei der Explosion einer Autobombe im christlichen Viertel Aschrafijeh waren am Vortag acht Menschen getötet und mehr als 80 verletzt worden. Unter den Toten ist auch General Wissam al Hassan, ein Sunnit und hochrangiger Funktionär des libanesischen Geheimdienstes, dem dieser Anschlag nach Ansicht von Beobachtern galt. Al-Hassan stand der anti-syrischen Zukunftsbewegung des Oppositionspolitikers Saad Hariri nahe.
In der Nähe des Anschlagsorts befindet sich auch das Büro der 14.-März-Bewegung. Die Parteien dieser Bewegung sind Gegner der Regierungskoalition. Das Regime des syrischen Machthabers Baschar al Assad steht der schiitischen Hisbollah nahe, die mit ihrem Bündnis eine Mehrheit im libanesischen Parlament hat und die jetzige Regierung an die Macht brachte. Viele sehen daher die Verantwortlichen für den Anschlag in Damaskus.
Beratungen über Konsequenzen
Libanesische Medien berichteten, dass das Kabinett am Samstag zusammenkam, um über die Konsequenzen aus dem Anschlag zu beraten. Der Hisbollah-Minister Mohammed Fneisch sprach sich nach Angaben der libanesischen Zeitung "Daily Star" gegen einen Rücktritt Mikatis aus. Dies würde die Lage nur weiter eskalieren lassen, argumentierte er.
International wurde der Bombenanschlag scharf verurteilt. Der Weltsicherheitsrat verurteilte den Versuch, den Libanon "mit politischen Hinrichtungen zu destabilisieren" und verlangte ein sofortiges Ende der Gewalt gegen Politiker. Das höchste UN-Gremium forderte die Libanesen auf, an der nationalen Einheit festzuhalten und den nationalen Dialog fortzusetzen.
"Es gibt keine Rechtfertigung dafür, einen Mordanschlag als politisches Werkzeug zu nutzen", sagte auch Tommy Vietor, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates in Washington. Die USA würden der Regierung in Beirut zur Seite stehen, wenn sie die Verantwortlichen für die "barbarische" Tat zur Verantwortung zöge. Vietor betonte, dass die Sicherheit des Landes sehr bedeutend für die Stabilität in der Region sei.
"Abscheulicher Terrorakt"
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte, das Attentat müsse gründlich aufgeklärt, die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. In einer am Freitag in New York verbreiteten Mitteilung rief er alle Beteiligten im Libanon auf, sich von dem "abscheulichen Terrorakt" nicht provozieren zu lassen.
Der Geheimdienstfunktionär Al-Hassan war schon Sicherheitschef unter dem früheren Ministerpräsidenten Rafik Hariri - dem Vater von Saad Hariri - der 2005 bei einem Autobombenanschlag getötet wurde. Damals kam der Verdacht auf, das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al Assad könnte an der Planung des Attentats beteiligt gewesen sein.