Türkei USA billigte Luftangriffe auf Nordirak

Es war die größte Luftoffensive der Türkei gegen Stellungen der Kurdischen Arbeiterpartei im Nordirak seit Jahren, und sie fanden mit Billigung der USA statt. Rund 50 Kampfflugzeuge griffen Ziele bis zu 100 Kilometer hinter der Grenze an - "erfolgreich", wie Ministerpräsident Erdogan mitteilte.

Türkische Kampfflugzeuge sind am Sonntag bis zu hundert Kilometer tief in den Irak eingedrungen und haben dort mutmaßliche Stellungen kurdischer Rebellen angegriffen. Die nächtlichen Angriffe dauerten bis zu drei Stunden. Es war die größte türkische Luftoffensive gegen Stellungen der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) seit vielen Jahren. Dabei haben die USA nach Angaben des türkischen Armeechefs den Luftangriffen zugestimmt. Die amtliche Nachrichtenagentur Anatolien zitierte General Yasar Buyukanit am Sonntag mit den Worten: "Amerika hat vergangene Nacht den irakischen Luftraum für uns geöffnet. Mit der Öffnung des irakischen Luftraum für uns hat Amerika seine Zustimmung zu der Operation gegeben."

Türkischer Botschafter musste zum Rapport

Die irakische Regierung hat nach den türkischen Luftangriffen im Nordirak den Botschafter Ankaras in Bagdad einbestellt. Der Unterstaatssekretär im Bagdader Außenministerium, Mohammed Hadsch Hammud, habe die Türkei aufgefordert, Angriffe zu unterlassen, "die unschuldigen Menschen Schaden zufügen und Auswirkungen auf die freundschaftlichen bilateralen Beziehungen haben", teilte das Ministerium am Sonntag auf seiner Webseite mit. Nach seinen Angaben wurden bei den Bombardements eine Frau getötet, vier Menschen verletzt und mehrere Familien obdachlos.

Die Türkei hatte ihre Offensive gegen die Rebellen intensiviert, nachdem diese bei Angriffen in der Türkei etliche Soldaten getötet hatten. Zehntausende Soldaten wurden an der Grenze zusammengezogen. Das türkische Parlament billigte im Oktober grenzüberschreitende Angriffe auf die PKK. Damals hatten die USA die Türkei eigentlich vor Kampfmaßnahmen im Nordirak gewarnt. Sie befürchten, dass der ansonsten relativ ruhige Norden des Iraks destabilisiert werden könnte.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte die Angriffe in der Nacht zum Sonntag als Erfolg bezeichnet. Rund 50 Kampfflugzeuge wurden nach einem Bericht des türkischen Fernsehsenders NTV eingesetzt. Es war die größte türkische Luftoffensive gegen Stellungen PKK seit Jahren. Die türkischen Streitkräfte teilten auf ihrer Website mit, es seien Stellungen der PKK in der Grenzregion und in den Kandisil-Bergen angegriffen worden, die bis zu hundert Kilometer von der Grenze entfernt liegen. In Kandil hat auch die Führung der PKK ihren Sitz. Türkischen Medienberichten zufolge soll bei dem Angriff auch ein PKK-Kommandozentrum getroffen worden sein.

Angeblich auch zivile Ziele zerstört

Die prokurdische Nachrichtenagentur Firat berichtete unter Berufung auf die PKK, bei den Bombenangriffen seien zwei Zivilpersonen und fünf PKK-Kämpfer getötet worden. Unter anderem seien zwei Schulen und ein Krankenhaus getroffen worden. Das Krankenhaus sei aber in Erwartung eines türkischen Angriffs evakuiert worden. Irakischen Berichten zufolge wurden insgesamt zehn Dörfer angegriffen. Ein Sprecher räumte ein, es gebe in der Region Stellungen der PKK. Sie seien aber weit entfernt von den Dörfern, die angegriffen wurden.

Meldungen aus der Region legten in der vergangenen Woche aber die Vermutung nahe, dass die PKK den Angriff erwartet hatte. Ihre Kämpfer sollen sich vorher aus Lagern in diesen Gebieten in andere Regionen begeben haben. Alle an den Angriffen beteiligten Maschinen seien sicher zu ihren Stützpunkten zurückgekehrt, teilten die Streitkräfte mit. Der türkische Fernsehsender NTV berichtete, an dem Angriff seien 50 Maschine beteiligt gewesen. Das Heer beschieße Stellungen der PKK weiterhin mit weitreichenden Waffen, hieß es.

Winter verhindert Bodenoffensive

Die private Nachrichtenagentur Dogan meldete, Artillerie feuere aus der Stadt Cukurca, die an der Grenze der Türkei zum Irak und zum Iran liegt, in den Irak. Es war der erste offiziell bestätigte türkische Angriff mit Kampfflugzeugen im Irak seit der US-Invasion im Irak 2003. Zuvor hatten türkische Truppen schon wiederholt vermutete PKK-Stellungen im Irak mit Artillerie oder auch mit Hubschraubern angegriffen. Wegen des winterlichen Wetters sind Bodenangriffe oder Hubschraubereinsätze derzeit aber kaum möglich.

AP · Reuters
AP/Reuters