Das Video zeigt ein mutmaßliches Kriegsverbrechen von ukrainischen Soldaten, wie die "New York Times" und die BBC übereinstimmend berichten. Laut der US-Zeitung kursieren die Aufnahmen seit Montag im Internet. Beide Medien haben das auf Telegram gepostete Video auf seine Echtheit untersucht und kommen unabhängig voneinander zu dem Schluss, dass es echt sei.
Zu sehen sind darin vier Menschen in Uniformen, die auf einer Straße liegen, einer von ihnen hat die Hände hinter dem Rücken gefesselt. Drei tragen weiße Armbinden, die im Ukraine-Krieg vor allem russische Soldaten als Erkennungszeichen nutzen. Sie liegen in Blutlachen, nur einer bewegt sich noch. "Er ist noch am Leben. Filmt diese Plünderer", sagt ein mutmaßlich ukrainischer Soldat, der über den Gefangenen steht, nach Angaben der "New York Times".
Mutmaßliches Kriegsverbrechen an Russen
"Schaut, er lebt noch. Er keucht", sagt er laut der Zeitung, während ein offenbar verwundeter russischer Soldat mit über den Kopf gezogener Jacke noch atmet. Daraufhin schießt ein Soldat zweimal auf ihn. Nachdem sich der Mann am Boden weiterhin bewegt, schießt der Soldat erneut auf ihn, woraufhin der reglos liegen bleibt. Das offenbar mit einem Handy gefilmte Video zeigt dann ein mit weißem "V" markiertes Kettenfahrzeug, laut "New York Times" ein BMD-2 - ein Schützenpanzer, der von russischen Luftlandeeinheiten eingesetzt wird. Einige der überlebenden Männer im Video tragen ukrainische Abzeichen an ihren Uniformen, blaue Armbinden oder rufen mehrfach "Slawa ukraini". Somit dürften ukrainische Soldaten die Täter sein. Zu welcher Einheit sie gehören, bleibt allerdings unklar.
Sowohl BBC als auch die "New York Times" kommen zu dem Schluss, dass das Video bei Dmytrivka, rund elf Kilometer Luftlinie südwestlich von Butscha, aufgenommen wurde. Die BBC verweist drauf, dass das Video am Nachmittag des 29. März oder früher gefilmt worden sei. Die US-Zeitung schreibt: "Die Tötungen scheinen das Ergebnis eines ukrainischen Hinterhalts einer russischen Kolonne zu sein, der sich um den 30. März herum ereignete, als sich die russischen Truppen aus kleinen Städten westlich von Kiew zurückzogen." Genauer datieren lässt sich der Vorfall bislang nicht.
Butscha ist kein Einzelfall – diese Kriegsverbrechen gingen in die Geschichte ein

Selenskyj schweigt bislang zu Vorwürfen
Es sind nicht die ersten Vorwürfe, die gegen ukrainische Soldaten erhoben werden. Ende März sollen ukrainische Soldaten russischen Kriegsgefangenen in die Beine geschossen haben, wie unter anderem die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" anprangert. Zu dem Vorfall in Charkiw kündigte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine Untersuchung an. Zum Video mit den Erschießungen hat er sich bislang nicht geäußert.

Vor allem die Erschießungen von ukrainischen Zivilisten durch russische Soldaten in Butscha haben in den vergangenen Tagen für weltweites Aufsehen gesorgt. Nun befürchten ukrainische Behördenvertreter hohe Opferzahlen in der Kleinstadt Borodjanka bei Kiew. Aus den Trümmern von zwei ausgebombten Wohnhäusern seien alleine 26 Leichen geborgen worden, schrieb die Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa am Donnerstagabend auf Facebook. Wie viele Opfer es insgesamt gegeben habe, sei derzeit schwer abzuschätzen. Selenskyj sagte am Donnerstag, in Borodjanka sei es "viel schrecklicher" als in Butscha.
Quellen: "New York Times", BBC, "Human Rights Watch".