Der Chef der russischen Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat Moskaus Militärführung einen Angriff auf seine Söldner-Einheiten vorgeworfen und mit Gegenmaßnahmen gedroht. Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu habe Wagner-Lager im Hinterland mit Artillerie, Hubschraubern und Raketen angreifen lassen, sagte Prigoschin in einer am Freitag von seinem Pressedienst auf Telegram verbreiteten Sprachnachricht.
Er habe 25.000 Männer unter Befehl, die nun aufklären würden, warum solch eine Willkür im Land herrsche. "Wer versucht, uns Widerstand zu leisten, den werden wir als Bedrohung betrachten und sofort töten", drohte Prigoschin. Das russische Verteidigungsministerium bestritt einen Angriff. Alle Anschuldigungen seien falsch und eine "Provokation", hieß es in eine Erklärung.
Prigoschin wirft Verteidigungsminister Schoigu Operation zur Vernichtung von Gruppe Wagner vor
Prigoschins Angaben nach ist Schoigu extra an die nahe der ukrainischen Grenze gelegene Millionenstadt Rostow-am-Don gekommen, um die Operation zur Vernichtung Wagners zu leiten. "Um 21.00 Uhr ist er geflohen – feige wie ein Weib – um nicht zu erklären, warum er Hubschrauber hat abheben und Raketenschläge durchführen lassen, um unsere Jungs zu töten. Dieses Biest wird aufgehalten", so Prigoschin. Er sprach von einer "großen Anzahl" an Toten, nannte aber keine genaue Zahl der angeblich bei dem Schlag getöteten Söldner.
Geheimdienst FSB ermittelt wegen Militärputsch
Am Abend berichtete die Nachrichtenagentur Interfax, dass der russische Geheimdienst FSB gegen den Söldnerchef wegen versuchten Militärputsches ermittle. Prigoschin habe zum Kampf gegen Moskaus Militärführung aufgerufen, habe das Nationale Anti-Terror-Komitee mitgeteilt. "Die Behauptungen, die im Namen von Jewgeni Prigoschin verbreitet werden, entbehren jeder Grundlage. Darum hat der FSB auf der Basis dieser Aussagen ein Strafverfahren wegen des Aufrufs zu einem bewaffneten Umsturz eingeleitet", heißt es in der verbreiteten Erklärung der Behörde. Dem Komitee gehören neben dem FSB praktisch auch alle anderen russischen Sicherheitsorgane an.
Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte, Präsident Wladimir Putin sei über den Fall informiert.
Moskauer Generäle wollen Privatarmeen unter Vertrag zwingen
Zwischen Prigoschin und der Moskauer Militärführung herrscht seit Monaten ein sich stetig zuspitzender Konkurrenzkampf. Prigoschins Wagner-Truppe war maßgeblich an der blutigen Eroberung der Stadt Bachmut im Gebiet Donezk beteiligt. Schon dabei klagte er über Sabotage vonseiten der regulären Truppen. Seine Einheiten würden nicht ausreichend mit Munition versorgt, so der Vorwurf.
Zuletzt hatte der Generalstab in Moskau durchgesetzt, dass die vielen Privatarmeen, die aufseiten Moskaus im Angriffskrieg gegen die Ukraine kämpfen, sich per Vertrag dem Verteidigungsministerium unterstellen. Prigoschin hatte sich dagegen stark gewehrt und der Spitze des Ministeriums vorgeworfen, ein falsches Lagebild von der Front zu geben – und damit auch Präsident Wladimir Putin zu täuschen.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel wurde mehrfach aktualisiert.