Die Wehrpflicht ist in Russland strikt geregelt: Männer zwischen 18 und 27 Jahren müssen grundsätzlich für ihr Land dienen, zwei Mal pro Jahr gibt es dafür große Einberufungsrunden. Die nächste große Frühlings-Einberufung startet am 1. April – und auf die jungen Soldaten könnte laut Dokumenten der russischen Regierung auch der Krieg in der Ukraine zukommen.
Üblicher Ausbildungsplan der Rekruten könnte durch Kriegszustand ausgehebelt werden
Zwar sollen sich die mehr als 100.000 neuen Rekruten üblicherweise einem ein bis zwei Monate langen Training unterziehen, bevor sie weitere drei bis sechs Monate ein erweitertes Training absolvieren und anschließend in den Dienst gestellt werden. Rekruten mit weniger als vier Monaten Trainingserfahrung sollen laut Vorgaben generell nicht für den Einsatz in Frage kommen. Im Kriegszustand könnten diese Gesetze allerdings einfach übergangen werden, wie das "Institute for the Study of War" schreibt.
Auf diese Möglichkeit deutet auch ein veröffentlichtes Dokument des russischen Verteidigungsministeriums hin. In dem Dokument heißt es, "dass der Generalstabschef der Streitkräfte der Russischen Föderation zur Sicherstellung der Gefechtsbereitschaft" für den Ukraine-Krieg "die Entsendung von Wehrpflichtigen, die im Rahmen der Einberufungskampagne im Frühjahr 2022 mobilisiert werden, in das Einsatzgebiet geplant hat". Informationen über die Anzahl der Rekruten sollen zudem bis zum 11. April dieses Jahres an die "Hauptdirektion für Mobilisierung und Logistik der russischen Streitkräfte" übermittelt werden.
Wehrpflichtige als Soldaten im Ukraine-Krieg? Verteidigungsminister Sergej Shoigu widerspricht
Verteidigungsminister Sergej Shoigu widersprach zuletzt zwar der Darstellung, dass Wehrpflichtige im Ukraine-Krieg eingesetzt werden sollen. Allerdings wurden bereits in den ersten Wochen des Überfalls auf die Ukraine Wehrpflichtige aus dem letzten Jahr eingesetzt. Möglich ist zudem, dass die Wehrpflichtigen nicht sofort an der Front dienen, sondern zunächst im weiteren Umfeld Berufssoldaten ersetzen, die dann ihrerseits an die Front versetzt werden.
Kritisch wird der 1. April für die russischen Streitkräfte auch aus einem anderen Grund: Weil die alte Garde der Wehrpflichtigen an diesem Tag turnusmäßig aus dem Wehrdienst ausscheidet, werden etliche Soldaten aus der Ukraine in ihre Heimat zurückkehren. Dadurch könnten auch in der russischen Bevölkerung deutlich mehr Menschen erfahren, wie die sogenannte "militärische Spezialoperation" wirklich aussieht: Mit deutlich höheren Opferzahlen als offiziell bekannt und einer ukrainischen Bevölkerung, die sich gegen die "Befreiung" verbissen wehrt.
Quellen: Institute for the Study of War, Business Insider, Twitter, Interne Recherchen