UN-Rechtsgutachten PR-Sieg für die Palästinenser

Das Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofes gegen die israelischen Sperranlagen wird bei den Palästinensern als klarer Sieg auf dem PR-Schlachtfeld gefeiert.

Nach ersten Berichten über das Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofes zur israelischen Sperranlage feierten die Palästinenser bereit ihren klaren Sieg auf dem nahöstlichen PR-Schlachtfeld. Ein Berater des Präsidenten Jassir Arafat sprach am Freitag noch vor der offiziellen Verlesung in Den Haag von einem "Sieg für das internationale Recht". Für die israelische Regierung sei es "ein Schlag ins Gesicht", frohlockte Nabil Abu Rudeineh in Ramallah. Das Gutachten werde "Israel weiter isolieren".

Mit Spannung erwartete Expertise

Die seit Monaten mit Spannung erwartete Expertise legt nach israelischen und palästinensischen Medienberichten fest, dass die Sperranlage internationalem Recht widerspricht und abgebaut werden muss. Für die Enteignung von Land entlang der Route des Sperrzauns müssten palästinensische Besitzer entschädigt werden.

Konkrete Verbesserungen der palästinensischen Lebensbedingungen sind von der rechtlich nicht bindenden Einschätzung aus Den Haag jedoch zunächst nicht zu erwarten. Der israelische Justizminister Josef Lapid machte am Freitag unmissverständlich deutlich, dass Israel es gänzlich ignorieren werde. Man werde das Gutachten "nicht achten", sagte Lapid dem Armeesender.

Israel nicht überrascht

In Israel wurden die Berichte über die negative Entscheidung aus Den Haag ohne große Überraschung aufgenommen. Der Gerichtshof sei nun einmal "nicht gerade Israel-freundlich eingestellt", sagte Lapid dem Armeesender. Das Außenministerium äußerte sich allerdings enttäuscht darüber, dass die Richter die Frage des palästinensischen Terrors vollkommen außer Acht gelassen hätten. Niemand spreche über die Gründe für den Bau der Sperranlage, sondern nur über die Auswirkungen für die Palästinenser.

Israels Argumente, die Anlage sei für die Sicherheit seiner Bürger lebensnotwendig, konnten eine für den jüdischen Staat negative Einschätzung nicht abwenden. Der von Israel gewählte Verlauf, der zum Teil tief in palästinensisches Gebiet schneidet, beeinträchtige die Rechte der Palästinenser in einem Maße, das durch die israelischen Sicherheitsbedürnisse nicht gerechtfertigt sei, entschied das Gericht den ersten Berichten zufolge.

"Es müsse eine andere Lösung gefunden werden"

Die israelischen Sprecher betonten jedoch einmütig, man fühle sich nicht dem Spruch aus Den Haag, sondern nur den Entscheidungen des höchsten Gerichts in Jerusalem verpflichtet. Dieses hat allerdings vergangene Woche ebenfalls entschieden, dass Israel den Sperrwall im Bereich Jerusalem in einigen Abschnitten zu Gunsten der Palästinenser verschieben muss. Es müsse eine andere Lösung gefunden werden, auch wenn sie weniger Sicherheit für Israel bedeute. Diese Entscheidung gilt als Grundsatzurteil für weitere Entscheidungen aus Jerusalem zum Sperrwall. Die Armee begann umgehend mit der Erstellung alternativer Verlaufspläne für den etwa 30 Kilometer langen Abschnitt.

Möglicherweise wird das Oberste Gericht Israels jetzt noch in anderen Fällen Veränderungen der Route anordnen. Immerhin müssen gut zwei Drittel der Anlage, die letztendlich 700 Kilometer lang werden soll, noch gebaut werden. Ein israelischer Regierungssprecher deutete an, Israel werde nach Abschluss des einseitigen Abzugsplans aus dem Gazastreifen bereit zu Gesprächen über den Verlauf des Sperrzauns sein. Im Rahmen einer Friedenslösung mit den Palästinensern könnte der Wall auch wieder ganz abgebaut werden. Der oppositionelle Parlamentarier Roman Bronfmann meinte am Freitag, Israel hätte sich "viele Unannehmlichkeiten ersparen können, wenn es die Sperranlage einfach nur entlang der Grenze von 1967 gebaut hätte".

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Sara Lemel/DPA