Ein britischer Kompromissvorschlag, mit dem Frankreich und Russland von einem Veto gegen eine neue Irak-Resolution abgebracht werden sollen, enthält nach Angaben aus UN-Kreisen "praktisch ein Ultimatum für Bagdad". Britische Diplomaten hätten in internen Gesprächen erläutert, dass die angestrebte Autorisierung einer Militäraktion durch den Rat mit einer Frist von etwa einer Woche verbunden werden könnte. In dieser Zeit könne Saddam Hussein zeigen, ob er wirklich sämtliche Massenvernichtungswaffen aufgibt.
Kanada fordert Gnadenfrist
Die Einschätzung, ob Bagdad dem nachkommt oder nicht, wäre dann aber nicht mehr dem Sicherheitsrat überlassen, sagten UN-Diplomaten. Eine erneute Befassung des Rates sei in dem britischen Vorschlag nicht vorgesehen. Einen ähnlichen Vorstoß hatte im Februar bereits Kanada gemacht, das nicht Mitglied des Sicherheitsrates ist. Nach den kanadischen Vorstellungen, die lediglich mündlich an Mitgliedstaaten herangetragen worden waren, sollte dem Irak eine Gnadenfrist bis zum 28. März eingeräumt werden. Die USA und Großbritannien hatten das rundheraus abgelehnt.
Der britische Vorstoß erfolgte als Reaktion auf die gemeinsame Erklärung Frankreichs, Russlands und Deutschlands, dass sie keiner Resolution zustimmen würden, die automatisch einen Krieg legitimiert. Frankreich und Russland könnten als Veto-Mächte mit einem "Nein" jede Resolution verhindern. Zudem haben die USA und Großbritannien nach Einschätzung westlicher Diplomaten bislang nicht die erforderliche Mindestanzahl von neun Ja-Stimmen für ihren Resolutionsentwurf sichern können, in dem erklärt wird, der Irak habe "die letzte Gelegenheit" zur Abrüstung verpasst.
Der britische Premierminister Tony Blair hat erstmals angedeutet, sich einem von den USA geführten Krieg gegen Irak notfalls auch gegen die Vetos auch mehrerer Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates anzuschließen. "Wenn es ein Veto eines der Vetomächte gibt oder ein Veto von Ländern, bei denen ich davon ausgehe, dass sie ihr Veto unvernünftig einsetzen, dann würde ich es tun", sagte Blair im Musiksender MTV.
Bislang hatte Blair eine solche Position nur für den Fall erwogen, falls ein einziges Land ein "unvernünftiges Veto" einlegen würde. Zuletzt hatte sich die Veto-Macht China der Position Frankreichs, Deutschlands und Russlands angeschlossen und sich für längere Waffeninspektionen in Irak ausgesprochen.
In UN-Kreisen hieß es weiter, Londons Außenminister Jack Straw wolle vor der öffentlichen Debatte des Sicherheitsrates über den neuen Bericht der UN-Waffenkontrolleure an diesem Freitag in Gesprächen mit mehreren seiner Amtskollegen für den britischen Vorschlag werben. Verhandlungen darüber könnten auch nach dem öffentlichen Teil der neuen Irak-Debatte hinter verschlossenen Türen fortgesetzt werden.