Tod des al-Kaida-Führers Und noch ein Navy Seal, der bin Laden erschossen haben will

Von Niels Kruse
Jetzt ist es schon ein Trio! Inzwischen behaupten drei Soldaten der US-Elitetruppe Navy Seals, Osama bin Laden getötet zu haben. Leider gibt es nun auch drei Versionen, und keiner weiß, welche stimmt.

Jetzt sind es also schon drei. Spöttisch gesagt, bleibend dann ja nur noch 20 übrig, die sich ebenfalls die Ermordung Osama bin Laden ans Revers heften könnten. Bei den Navy Seals, den amerikanischen Elitetruppen, ist offenbar gerade ein Wettkampf darum ausgebrochen, wer von den insgesamt 23 Männern, die 2011 in Pakistan den al-Kaida-Terroristen zur Strecke gebracht haben, denn nun derjenige ist, der den entscheidenden Schuss abgefeuert hat. Nach Matt Bissonnette und Robert O'Neill hat sich nun ein dritter Kämpfer zu Wort gemeldet und behauptet: "Ich war's."

Am 11. Und 12. November zeigt der US-Sender Fox News eine zweitteilige Dokumentation über die Operation "Neptune Spear", die die Ergreifung bin Ladens zum Ziel hatte. Angeblich soll darin auch der mutmaßliche Todesschütze zu Wort kommen. Sein Name: Robert O'Neill, Kommandeur des Navy Seals Teams 6, kriegserfahrender Elitesoldat, Spezialist für den Häuserkampf. So jedenfalls hatte es vor Kurzem die auf Militärangelegenheiten spezialisierte Seite "Sofrep" berichtet. Doch jetzt, zwei Tage später schreibt Peter Bergen, Militärspezialist des US-Senders CNN, er habe mit einem Navy Seal gesprochen, der die bisherigen Darstellungen der Nacht vom 1. auf den 2. Mai 2011 als falsch bezeichnet.

Der "Point Man" zielte auf die Stirn

Laut Bergen handelt es sich bei dem Mann um einen "Point Man", eine Art Vorhut, die dem Trupp vorausgeht und die Lage prüft. In dieser Funktion sei ihm als Erstem auch Osama bin Laden erschienen. Laut der von Bergen wiedergegebenen Aussage des "Point Man" steckte jemand den Kopf aus der Schlafzimmertür, der aussah wie der al-Kaida-Führer. Daraufhin will der Navy Seal ihn ins Visier genommen und zwei Schüsse auf den Kopf abgefeuert haben, die bin Laden schwer verletzt hätten.

Danach sei er zu den beiden Ehefrauen geeilt, die sich ebenfalls im Schlafzimmer befunden hätten, und habe versucht, sie zu isolieren, für den Fall, dass sie einen Sprengstoffgürtel getragen und ihn zur Explosion gebracht hätten. "Offenbar eine ernsthafte Sorge der Kommandoführung", so Bergen auf der Website von CNN. Anschließend hätten zwei weitere Kämpfer den Verwundeten durch einen Schuss in die Brust getötet.

Drei Männer, drei Versionen

Diese Version unterscheidet sich deutlich von den beiden, die bislang im Umlauf sind. Matt Bissonnette hatte über den Einsatz das Buch "No easy day" geschrieben und dort behauptet, er habe den Terroristen erschossen, weil bin Laden ein Gewehr in Reichweite gehabt hätte. Laut Bergen könne diese Darstellung nicht stimmen, weil die Waffen, die bin Laden tatsächlich in seinem Schlafzimmer hatte, erst nach einer gründlichen Durchsuchung gefunden worden seien.

Die "Bild"-Zeitung veröffentlichte das Foto von O'Neill auch über Twitter

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Robert O'Neill wiederum soll sich in der Fox-Doku damit brüsten, den al-Kaida-Chef absichtlich mit zwei Kugeln in die Stirn niedergestreckt zu haben. Das allerdings hätte der Order der verantwortlichen CIA widersprochen, der laut Bergen angeordnet haben soll, den Mann keinesfalls ins Gesicht zu schießen, um die Identifizierung nicht zu erschweren. O'Neill wurde später bei den Navy Seals rausgeworfen, weil er offenbar mit seiner Tat in Bars angegeben hatte. Da er vier Jahre vor Erreichen des Pensionsalters entlassen wurde, hat der Ex-Kämpfer keinen Anspruch auf ein Ruhegeld. Vielleicht verbreitet er nun aus Frust seine Version der Mission.

Welche Darstellung tatsächlich stimmt, wird im Detail wohl so schnell nicht bekannt werden. Offiziell gibt es überhaupt keine Stellungnahme zu dem Einsatz. Das US-Verteidigungsministerium reagierte aber dennoch auf die wuchernden Spekulationen - nämlich indem es die Elitesoldaten an ihre Verschwiegenheitspflicht erinnerte und ihnen mit Strafverfolgung gedroht hat.

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