Nach der Veröffentlichung von Geheimdokumenten zum Krieg in der Ukraine bemüht sich die US-Regierung um Aufklärung. "Wir nehmen die Sache sehr, sehr ernst", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, in Washington. Das Verteidigungsministerium leite eine behördenübergreifende Prüfung, "welche Auswirkungen dies auf die nationale Sicherheit haben könnte". Beim Justizministerium laufe eine strafrechtliche Untersuchung. Präsident Joe Biden werde fortlaufend informiert.
Seit Wochen kursieren im Internet offensichtlich geheime Dokumente von US-Stellen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. US-Medien berichten seit Tagen über sensibles Material zu beiden Kriegsparteien, ohne die Dokumente selbst zu veröffentlichen. Unklar ist, wer die schon vor Wochen bei prorussischen Kanälen verbreiteten Dokumente publiziert hat. Das Investigativ-Netzwerk Bellingcat wies nach, dass sie teils nachträglich manipuliert wurden.
Geheime Dokumente der USA "sollten absolut nicht in der Öffentlichkeit sein"
"Wir sind besorgt, dass diese Dokumente da draußen sind", sagte Kirby. "Sie sollten absolut nicht in der Öffentlichkeit sein." Gleichzeitig mahnte der Regierungsvertreter zu Vorsicht: "Wir müssen jetzt einfach vorsichtig sein mit Spekulationen oder Vermutungen, was oder wer dahinter stecken könnte." Offenbar seien zumindest in einigen Fällen die veröffentlichten Informationen verändert worden. "Aber ich kann Ihnen im Moment nicht genau sagen, wie es dazu gekommen ist. Wir gehen der Sache so intensiv wie möglich nach, um das zu verstehen."
Die Dokumente enthalten nach Berichten von US-Medien auch Informationen zu Waffenlieferungen an die Ukraine und Angaben zum Munitionsverbrauch. Es gibt auch Landkarten, auf denen der Frontverlauf sowie Standorte russischer und ukrainischer Truppen sowie deren Personalstärke eingezeichnet sind. Informationen gibt es auch zu vermeintlichen Plänen der Nato und der USA, wie das ukrainische Militär auf eine Frühlingsoffensive vorbereitet werden könnte.
Ukraine äußert Zweifel an den Leaks
Dass geheime Dokumente an die Öffentlichkeit geraten sind, könnte auch Einfluss auf die Ukraine haben. CNN hatte berichtet, dass die Ukraine auf Grund des Datenlecks einige Pläne für die erwartete Frühjahrsoffensive ändern könnte. Der US-Nachrichtensender zitierte dabei eine dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nahestehende Quelle. Dem widersprach ein hochrangiger Berater von Selenskyj im Interview mit der ARD: "Ich weiß nicht, mit wem CNN gesprochen hat. Ich kann auf jeden Fall sagen, dass die Anzahl der Personen, die unsere Pläne auf unserem Staatsgebiet kennt, äußerst begrenzt ist."
Olexij Danilow ist der Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats der Ukraine. Er rief die Geheimdienste von Verbündeten dazu auf, "wachsamer" zu sein. Dennoch äußerte auch er Zweifel an der Echtheit der Dokumente. Einige Informationen der mutmaßlichen Geheimdokumente seien öffentlich zu finden: "Sie können sie in öffentlich zugänglichen Quellen finden. Bei dem anderen Teil der Informationen – sollte er tatsächlich geheim gewesen sein – werden die Stellen in den Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich genau wissen, wo sie herkommen. Und warum sie gerade jetzt aufgetaucht sind."
Quellen: ARD, Nachrichtenagentur AFP