Vor dem Gipfel in Brüssel Euro-Land lobt Griechenlands "große Fortschritte"

Griechenland spart noch härter, das zweite Hilfspaket ist zum Greifen nah. Vor dem Euro-Gipfel sehen viele Euro-Finanzminister Athen auf gutem Weg. Das Brüsseler Treffen soll zum Wendepunkt in der Schuldenkrise werden.

Nach seinen jüngsten Sparbeschlüssen kann Griechenland mit der Freigabe des zweiten Hilfspakets der Euro-Länder rechnen. Griechenland habe "große Fortschritte" bei der Erfüllung der Sparauflagen gemacht, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Donnerstag in Brüssel bei einem Treffen der Euro-Finanzminister vor dem EU-Gipfel. Man werde "einen wichtigen Schritt weiter" kommen. Auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, lobte die "harte Arbeit", die Athen in den letzten Stunden vollbracht habe.

Das griechische Parlament hatte am Morgen den letzten Teil eines Bündels von Sparmaßnahmen in Höhe von mehr als drei Milliarden Euro gebilligt. Dazu gehören Kürzungen im Gesundheitswesen, am Arbeitsmarkt und bei Renten. Die Minister begutachteten bei ihrem Treffen kurz vor Beginn des EU-Gipfels, ob Athen die verlangten Bedingungen erfüllt.

Das zweite Hilfspaket von 130 Milliarden Euro für Griechenland ist bereits beschlossen. Die Notkredite sind an die Beteiligung privater Gläubiger wie Banken und Versicherungen an dem geplanten Schuldenschnitt gebunden. Deren Anteil wird erst in gut einer Woche feststehen. Um ihnen die Teilnahme am freiwilligen Schuldenschnitt und am Tausch ihrer griechischen Staatsanleihen zu versüßen, stehen 30 Milliarden Euro zur Absicherung für neue Anleihen bereit. Die entsprechende Vereinbarung zu den Details sollte in Brüssel unterzeichnet werden. Die Entscheidung über das zweite Hilfspaket als Ganzes soll erst zu einem späteren Zeitpunkt fallen.

Schäuble warnt vor Griechenlands EU-Austritt

Zu Spekulationen über ein möglicherweise nötiges drittes Hilfsprogramm für Athen äußerte sich Schäuble zurückhaltend: "Vom Dritten jetzt zu reden, hielte ich doch für ein bisschen sehr voreilig. Wir haben das Zweite noch gar nicht beschlossen." Zugleich warnte er vor unkalkulierbaren Risiken bei einem Euro-Austritt Griechenlands. "Das wird sehr teuer, und niemand kann sagen, wie teuer es wird", sagte Schäuble in einem Video des Ministeriums, in dem er auf Bürgerfragen antwortet.

Zugleich gab es gute Nachrichten für den geplanten Schuldenschnitt: Der Internationale Derivateverband (ISDA) gab in London bekannt, dass er den Forderungsverzicht der privaten Gläubiger nicht für ein Kreditereignis, das heißt einen kompletten Zahlungsausfall, hält. Damit werden keine Kreditausfallversicherungen ("Credit Default Swaps" CDS) fällig. Diese Entscheidung war auf den Finanzmärkten mit Spannung erwartet worden und dürfte für Beruhigung sorgen.

Um den Schuldenberg Athens zu verringern, sollen Banken, Versicherungen und Fonds auf Forderungen an Athen in Höhe von 107 Milliarden Euro freiwillig verzichten. Das entspräche einem Schuldenschnitt von 53,5 Prozent. Die Regierung in Athen hatte den Gläubigern am Freitag das entsprechende Angebot unterbreitet. Griechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos zeigte sich in Brüssel zuversichtlich, dass die Gläubiger mitziehen werden: "Dies ist ein sehr gutes, ein einzigartiges Angebot."

Die international geforderte Aufstockung des Euro-Krisenfonds ESM, der 500 Milliarden Euro Volumen hat, bleibt im Gespräch. Österreichs Finanzministerin Maria Fekter sagte, es gebe drei Varianten, wie man das Volumen erhöhen könne. Darüber werde bei einem weiteren Gipfel noch in diesem Monat auf höchster Ebene beraten: "Es wird im März evaluiert werden, für welche dieser drei Varianten man sich entscheidet, und diese Entscheidung werden die Regierungschefs treffen."

EU-Politiker hoffen auf bessere Zeiten

Derweil haben führende EU-Vertreter die Hoffnung geäußert, dass der EU-Gipfel einen Wendepunkt in der Schuldenkrise markiert. "Ich sage nicht, dass wir keine Probleme mehr haben, aber wir haben einen Wendepunkt in der Krise erreicht", sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy vor Beginn des Treffens. "Die Krise ist nicht vorüber und wir müssen wachsam bleiben, aber alles, was wir getan haben, trägt nun Früchte", sagte Van Rompuy.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte, angesichts des neuen Hilfsprogramms für Griechenland und des abnehmenden Drucks auf andere Länder bestehe nun die Möglichkeit, sich um Wachstum und Beschäftigung zu kümmern. Die EU sei durch den gemeinsamen Kampf gegen die Schuldenkrise nun in einem besseren Zustand als zuvor. "Wir sind fest entschlossen, dass die akute Finanzkrise nicht zu einer Wirtschafts- und Sozialkrise wird", sagte Barroso. Er hoffe auf konkrete Zusagen der 27 EU-Chefs, damit die Reformen für Wirtschaftswachstum und mehr Jobs umgesetzt werden könnten.

Fiskalpakt soll unterzeichnet werden

Anders als Gipfeltreffen in den vergangenen Monaten steht der EU-Gipfel nicht unter dem Druck, dringende Antworten auf die Schuldenkrise zu finden. Es bestehe die "Notwendigkeit der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit weltweit", nannte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) langfristige Ziele als Thema des Treffens.

Mit dem Fiskalpakt ist die EU nach den Worten Merkels auf dem Weg zu einer engeren politischen Zusammenarbeit. Auf dem EU-Gipfel soll der Vertrag über eine strengere Haushaltsdisziplin unterzeichnet werden. Der Pakt sieht unter anderem nationale Schuldenbremsen in den 25 EU-Mitgliedstaaten vor, die sich an dem Pakt beteiligen. Nur Großbritannien und Tschechien lehnen dies bisher ab.

Die vergleichsweise unaufgeregte Tagesordnung erklärte sich auch daraus, dass schwierige Themen an anderer Stelle behandelt oder vertagt wurden. Auf Drängen Deutschlands wurde etwa die Frage von der Tagesordnung gestrichen, ob die Euro-Länder ihre Brandschutzmauern gegen die Schuldenkrise verstärken.

DPA
mlr/DPA/AFP