Nachdem er den Holocaust vor vier Tagen abermals infrage gestellt und dem Westen mit einer erstarkten militärischen Macht gedroht hat, begibt sich der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad vor dem Start der UN-Vollversammlung offenbar auf Kuschelkurs. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP in New York bewarb er sich als "möglicher Freund" der USA, bot seine Hilfe zur Stabilisierung Afghanistans an und beteuerte den rein friedlichen Zweck des eigenen Atomprogramms. Seine Antworten standen in deutlichem Kontrast zu seiner Rede vom Freitag, als er bei einer Militärparade in Teheran potenziellen Angreifern drohte, "die Hände abzuhacken".
Die Generaldebatte der Vollversammlung startet gegen 15 Uhr MESZ. Um 16 Uhr spricht dann US-Präsident Barack Obama, danach ist Libyens Staatschef Muammar al Gaddafi an der Reihe, später folgt Ahmadinedschads Auftritt.
Auf seine Lieblingsthemen, die Leugnung des Holocausts und die angebliche zionistische Bedrohung, wollte der iranische Präsident in dem Interview nicht eingehen. Er lehnte "eine Debatte über historische Details" ab. Stattdessen versuchte er sich als verlässlicher Partner darzustellen. Die neuen Sechsergespräche über das iranische Atomprogramm in der kommenden Woche würden "frei und offen" sein, sagte er. Sein Land entwickele keine Atomwaffen, und werde deswegen auch nicht auf sein Kernenergieprogramm verzichten. "Wir glauben, dass Atomwaffen die Quelle von Bedrohungen und Instabilität sind. Deswegen sind globale Anstrengungen notwendig, um eine vollständige Abrüstung von Kernwaffen zu erreichen."
Obama ruft Gemeinschaft zu Hilfe
Der US-Präsident solle gesagt haben, der Iran sei die Bedrohung, so Ahmadinedschad. "Dabei ist der Iran eine Chance für alle." Er hoffe auf ein Umdenken in Washington. Wirkliche Kritik an den USA übte Ahmadinedschad gegenüber AP nur beim Thema Afghanistan: Er machte die Amerikaner dafür verantwortlich, in dem östlichen Nachbarland des Irans Chaos verursacht zu haben. Eine militärische Lösung für die Probleme Afghanistans gebe es nicht. Die USA und ihre Verbündeten am Hindukusch hätten die Ohren für alle Ratschläge von anderen verschlossen.
Barack Obama will bei seinem Auftritt vor der UN-Vollversammlung die internationale Staatengemeinschaft in die Pflicht nehmen und zu mehr Zusammenarbeit aufgerufen, um die drängenden Probleme der Welt zu beseitigen. "Diejenigen, die früher Amerika wegen Alleingänge gerügt haben, können nun nicht einfach nur herumstehen und darauf warten, dass Amerika die Probleme der Welt alleine löst", wird der amerikanische Präsident laut dem vorab verbreitetem Redetext in seiner mit Spannung erwarteten Rede in New York sagen. Er zählte eine Vielzahl ungelöster Probleme auf: Terrorismus, Extremismus, Völkermord, Weiterverbreitung von Atomwaffen, Klimaerwärmung, Armut, Krankheiten. Der Präsident hatte nach seinem Amtsantritt zugesagt, das jahrelang gespannte Verhältnis der USA zu der Weltorganisation wieder zu verbessern.