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Wachstum wird Spitzenthema Staatschefs treffen sich zum EU-Sondergipfel

Paris droht mit Ablehnung des Fiskalpaktes. Deutschland verteidigt den Sparkurs. Jetzt soll ein EU-Sondergipfel darüber beraten, wie Sparvorgaben und Wirtschaftsimpulse zusammenpassen.

Nach der Wahl des Sozialisten François Hollande zum neuen französischen Präsidenten will Europa gemeinsam nach Wegen für mehr Wirtschaftswachstum suchen. Die Staats- und Regierungschefs der EU treffen sich dazu am 23. Mai zu einem Sondergipfel in Brüssel. Umstritten bleibt aber der von 25 EU-Ländern vereinbarte Fiskalpakt. Während Hollandes Umfeld mit einer Ablehnung droht, will die schwarz-gelbe Koalition das Paket noch vor der Sommerpause verabschieden.

Das Lager von Hollande setzt auf ein Einlenken der Bundesregierung. "Meine bescheidene Erfahrung sagt mir (...), dass man einen Kompromiss finden wird", erklärte der langjährige Europaminister und Hollande-Berater Pierre Moscovici am Dienstag. In der vorliegenden Fassung werde Frankreich den Vertrag für mehr Haushaltsdisziplin nicht ratifizieren. Die Bundesregierung hatte kurz zuvor darauf hingewiesen, dass sie den Fiskalpakt keinesfalls neu verhandeln will.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt ein über Schulden finanziertes Wachstumsprogramm für Europa weiter ab. Europa brauche ein nachhaltiges Wachstum durch Strukturreformen und einen besseren Einsatz bestehender Unterstützungsmittel, sagte sie am Dienstag den nordrhein-westfälischen Lokalradios. Man brauche aber kein Wachstum, "wo wir wieder Strohfeuer entfachen, die auf Pump finanziert sind". Außenminister Guido Westerwelle plädierte erneut dafür, den Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin mit einem Wachstumspakt zu ergänzen.

Konservative und Sozialisten wurden abgestraft

Der strikte Sparkurs wird in vielen EU-Ländern in Frage gestellt. Bei den griechischen Parlamentswahlen am Sonntag wurden die Konservativen und Sozialisten, die das Sparpaket mitgetragen hatten, abgestraft. Dort droht ein politisches Chaos.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso forderte von den Regierenden, spätestens Ende Juni bei ihrem nächsten regulären Gipfel Nägel mit Köpfen zu machen. Bei einem Arbeitsabendessen am 23. Mai sollen alle Regierungschefs Hollande kennenlernen, sagten EU-Diplomaten. Zugleich solle jedoch auch der schon seit langem geplante "Wachstumsgipfel" vom 28./29. Juni vorbereitet werden.

Barroso und EU-Währungskommissar Olli Rehn betonten vor Journalisten, der Ruf nach mehr Wachstum bedeute keine Lockerung der Verpflichtung, zu sparen und die Staatsverschuldung zu reduzieren. "Die Krise hat gezeigt, dass Wachstum auf der Grundlage von Schulden nicht nachhaltig ist", sagte Barroso. Die Haushaltskonsolidierung sei unumgänglich, zugleich seien Strukturreformen nötig: "Es gibt kein Entweder-oder. Wir brauchen Stabilität und Wachstum." Ähnlich äußerte sich Rehn.

Chance für EU-weite Wachstumspolitik

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) sieht nach dem Wahlsieg von Hollande neue Chancen für eine EU-weite Wachstumspolitik. "Europa braucht einen Masterplan für Wachstum, um dem Strudel aus wirtschaftlichem Niedergang, wachsender Arbeitslosigkeit und schwächelnden Bankensystemen zu entgehen", schrieb Schulz in einem Beitrag für das "Handelsblatt" (Dienstag).

Die Europäische Zentralbank (EZB) mahnte Frankreich, Verpflichtungen in der Finanzpolitik einzuhalten. "Ich erwarte, dass Frankreich den Fiskalpakt unverändert umsetzt", sagte EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen dem "Handelsblatt" (Mittwoch). "Es muss allen klar sein, dass der Fiskalpakt - um ein Wachstumselement ergänzt - in seiner Substanz nicht geschwächt wird."

Die Koalition wird unter Umständen die Bundestagsentscheidung über den europäischen Fiskalpakt etwas verschieben. Bisher soll der Bundestag am 25. Mai endgültig abstimmen. Für den Fiskalpakt braucht die Regierung Stimmen aus der Opposition, da in Parlament und Länderkammer eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sagte über mögliche Zugeständnisse an Hollande: "Man kann über Zeitachsen reden, aber an Strukturveränderungen und Reformprozessen führt kein Weg vorbei."

kave/DPA DPA

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