Wahl in Großbritannien Brown will nicht von der Macht lassen

Theoretisch hätte es der vierte Erfolg für Labour in Folge werden können, doch der glücklose britische Premier Gordon Brown vermasselte gleich die erste Wahl, der er sich als Regierungs- und Parteichef stellte. Das schlechteste Ergebnis seit 1983 fuhr die Partei unter dem 59-Jährigen ein, der sich noch kurz vor der Wahl Patzer leistete.

Theoretisch hätte es der vierte Erfolg für Labour in Folge werden können, doch der glücklose britische Premier Gordon Brown vermasselte gleich die erste Wahl, der er sich als Regierungs- und Parteichef stellte. Das schlechteste Ergebnis seit 1983 fuhr die Partei unter dem 59-Jährigen ein, der sich noch kurz vor der Wahl Patzer leistete. Von der Macht lassen will der schottische Pfarrerssohn trotz alledem nicht. Es sei seine "Pflicht", dass Großbritannien trotz der Hängepartie im Parlament eine "starke, stabile und prinzipientreue Regierung" bekomme. Obwohl Labour weniger Mandate als die Konservativen gewann, will Brown als amtierender Premier von seinem Recht zur Regierungsbildung Gebrauch machen.

Der wenig charismatische Brown wurde 1951 in der kleinen Arbeiterstadt Kirkcaldy geboren. Von seinem Bruder als "langweilig, aber sehr intelligent" eingestuft, absolvierte er die Schule in Rekordzeit und ging bereits mit 16 Jahren an die Universität von Edinburgh, wo er sich in der Studentenpolitik engagierte. Seine akademische Karriere beendete er als Doktor der Geschichte.

Nach einem kurzen Ausflug in den Journalismus und die Lehre betrat Brown 1983 die politische Bühne. Zusammen mit dem späteren Premierminister und Labour-Chef Tony Blair zog er ins Unterhaus ein. Nach dem Tod des damaligen Labour-Chefs John Smith 1994 sollen beide eine geheime Absprache getroffen haben: Danach konnte Blair seinerzeit ohne eine Gegenkandidatur von Brown die Führung der Labour-Partei übernehmen und aus den Wahlen 1997 als neuer Premierminister hervorgehen. Im Gegenzug soll Blair seinem politischen Weggefährten versprochen haben, ihn zum Nachfolger zu machen. Brown diente Blair zehn Jahre als Schatzkanzler und hielt die Staatsfinanzen eisern zusammen.

2007 war es dann aus Sicht Browns endlich soweit: Unter dem Druck der trotz drei Wahlsiegen von Blair enttäuschten Partei übergab der einstige Superstar das Amt an Brown. In den ersten Monaten seiner Amtszeit sah es ganz so aus, als sei der als harter Arbeiter geltende Brown aus dem Schatten seines Vorgängers herausgetreten. Mehrere kleinere Krisen im Land meisterte Brown souverän.

Doch dann kam die Krise um die Hypothekenbank Northern Rock, die Brown mit Steuergeldern vor der Pleite bewahrte musste. Angesichts sinkender Umfragewerte entschloss sich der Premier nach längerem Zögern, vorgezogenen Parlamentswahlen eine Absage zu erteilen - und machte sich damit gleich noch unbeliebter.

In der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise schuf Brown dann einen Bankenrettungsplan, der weltweit begrüßt und nachgeahmt wurde. Seither wurde Brown nicht müde, sich trotz des Rekorddefizits als Retter der Stabilität des Landes zu präsentieren.

Wahlen unter dem neuen Parteichef endeten meist desaströs: Bei den Kommunalwahlen in England und Wales im Mai 2008 erlitt Labour die schwerste Wahlniederlage seit 40 Jahren. Auch die Europawahlen im vergangenen Jahr wurden zu einem Debakel für Labour.

Schließlich erschütterten auch noch ein Spesen- sowie ein Lobbyskandal die Glaubwürdigkeit von Browns Partei und Regierung. Anfang des Jahres erschien ein Buch eines politischen Beobachters, der Brown als Choleriker darstellt, der seine Mitarbeiter sogar körperlich angreife. Browns Umfeld dementierte, räumte aber eine gewisse "Ungeduld" des Chefs ein. Schon zuvor hatten seine PR-Berater versucht, Sympathien für Brown zu wecken, beispielsweise indem er über den Tod seiner Tochter Jennifer sprach, die nach einer Frühgeburt 2002 starb.

Der Erfolg der Charme-Offensive war gering. Brown und seine Labour-Partei lagen noch Anfang des Jahres in Umfragen 20 Prozent hinter den Konservativen. Zwar arbeitete sich Labour wieder näher heran, doch der Mann mit dem Spitznamen "Mr. Bean" machte seinem Image als ungeschickt agierender Mensch wieder alle Ehre. Kurz vor der Wahl beschimpfte er eine langjährige Labour-Wählerin als "verbohrt" - nicht ahnend, dass sein Mikrofon noch nicht abgeschaltet war.

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Katherine Haddon, AFP