Der iranische Präsidentschaftskandidat Mir-Hussein Mussawi hat die offiziell verkündete Wiederwahl von Regierungschef Mahmud Ahmadinedschad angezweifelt. Er werde diese "Manipulationen" nicht hinnehmen, erklärte Mir-Hussein Mussawi am Samstag auf seiner Webseite und warnte vor einer Tyrannei. Das Verhalten einiger Beamter während und nach der Abstimmung "erschüttere die Stützpfeiler" des politischen Systems im Iran.
Mussawi rief die Behörden dazu auf, die "Gesetzesübertretungen" umgehend einzustellen. Das Volks werde niemanden respektieren, der mit Betrug an die Macht gekommen sei. Der konservative Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad hat nach Angaben der Regierung die Wahl mit 62,6 Prozent der Stimmen gewonnen. Auf Mussawi entfielen demnach nur 33,75 Prozent.
Die Lage in Teheran war gespannt: Bereitschaftspolizei marschierte vor den wichtigsten Regierungsgebäuden auf, Kundgebungen und politische Versammlungen waren zuvor bereits verboten worden. Die Informationsfreiheit schien stark beschnitten: Einige Websites von Mussawi waren kaum zu erreichen, das staatliche Fernsehen berichtete nur von Ahmadinedschads Wahlsieg, nicht von Mussawis Vorwurf des Wahlbetrugs.
Israel sorgt sich
Mussawi waren vor dem Urnengang am Freitag gute Chancen im Rennen gegen den Hardliner Ahmadinedschad eingeräumt worden. Neben Mussawi zweifelten auch viele westlichen Beobachter die Zahlen an. Einige sprachen offen von Betrug.
Israel rief die Welt dazu auf, den Iran unbedingt davon abzuhalten, an Atomwaffen zu gelangen. "Wenn es ein Fünkchen Hoffnung für Wandel im Iran gab, so bringt jetzt die erneute Wahl Ahmadinedschads mehr als alles andere die wachsende iranische Bedrohung zum Ausdruck", erklärte der stellvertretende Außenminister Danny Ajalon. Die internationale Gemeinschaft müsse "den iranischen Terror sofort stoppen". Ahmadinedschad hat in der Vergangenheit Israels Existenzrecht in Frage gestellt.
Warten auf den Wandel
Nach Ansicht des SPD-Iran-Experten Rolf Mützenich steht das Land trotz der Wiederwahl Ahmadinedschads vor erheblichen Veränderungen. "Man muss jetzt abwarten, was in den kommenden Tagen und Stunden im Iran passiert", sagte der Vorsitzende der deutsch-iranischen Parlamentariergruppe im Bundestag am Samstag der Deutschen Presse-Agentur dpa. Der Wahlkampf scheine vor allem viele junge Iraner motiviert zu haben. Ahmadinedschad und seine Unterstützer hätten seit Monaten alles daran gesetzt, die Voraussetzungen für die Wiederwahl zu schaffen. "Die Einflüsse in den Medien, die Verteilung von Wohltaten und das Schüren nationaler und religiöser Motive waren offensichtlich."
Der SPD-Außenpolitiker verwies darauf, dass der Einfluss des Präsidenten im iranischen Machtgefüge ohnehin nur begrenzt sei. Insbesondere der religiöse Führer, Ajatollah Ali Chamenei, aber auch das Parlament würden weiter den Ton mit angeben. Die Führung in Teheran wisse zudem, dass das Land ohne Kooperation mit dem Ausland seine wirtschaftlichen und sozialen Probleme nicht lösen könne.