Weißrusslands autoritärer Staatspräsident Alexander Lukaschenko wittert bereits Gefahr. Die USA bereiteten eine «Attacke auf Weißrussland» vor, warnte der international isolierte Sowjetnostalgiker Mitte der Woche in seiner jährlichen Ansprache vor dem Parlament in Minsk. Der erklärte Freund des gestürzten irakischen Diktators Saddam Hussein wähnt seine Heimat neben Syrien zunehmend im Fadenkreuz der USA.
Rüstungsgeschäfte mit "Schurkenstaaten"
Als Brutstätte des internationalen Terrorismus oder Lagerstätte für Massenvernichtungswaffen geriet Polens östlicher Nachbar bislang nicht in die Schlagzeilen. Die USA beschuldigen Weißrussland aber seit Jahren, Rüstungsgeschäfte mit Ländern wie dem Irak, Libyen, Syrien oder Nordkorea betrieben zu haben. Beweise dafür wurden in der Öffentlichkeit nicht vorgelegt.
Kritisch wie kein zweiter Staatschef in Europa hatte Lukaschenko den Irak-Krieg als «zynischste Aggression seit dem Zweiten Weltkrieg» gegeißelt. Über Wochen hielt sich in Minsk das Gerücht, Saddam Hussein oder einer seiner Söhne könnte in Weißrussland Asyl bekommen.
USA setzen scheinbar auf Wechsel in Minsk
Die USA scheinen auf einen Wechsel in Minsk zu setzen. Pläne im US-Kongress zur Finanzierung der weißrussischen Opposition erregten Lukaschenkos Ärger. Die amerikanische Unterstützung für die weißrussische Opposition ist nach Ansicht des Präsidenten in Wahrheit gegen das enge Verhältnis seines Landes zu Russland gerichtet.
Tatsächlich wollen die beiden ehemaligen Sowjetrepubliken wieder einen Staatenbund gründen. Eine gemeinsame Währung, der russische Rubel, soll in knapp zwei Jahren eingeführt werden. Doch der russische Präsident Wladimir Putin betreibt die Wiedervereinigung der selbst ernannten Brudervölker mit angezogener Handbremse.
Im Handstreich das Parlament entmachtet
Das Verhältnis zwischen den USA und der EU einerseits und der weißrussischen Führung andererseits ist seit 1997 eingefroren. Damals hatte Lukaschenko im Handstreich das gewählte Parlament entmachtet und durch eigene Gefolgsleute ersetzt. Seit Jahren findet mit dem NATO- und baldigen EU-Nachbarn kein offizieller Austausch mehr statt. Daran wird nach Einschätzung von Diplomaten auch die in dieser Woche erfolgte Aufhebung der Reisebeschränkungen für Lukaschenko und dessen Minister in die EU und USA nichts ändern.
Die weißrussische Führung bleibt im Westen solange unerwünscht, wie sie im eigenen Land Verletzungen der Menschenrechte billigt, die Pressefreiheit einschränkt und keine ernsthafte Aufklärung über das Verschwinden von Oppositionspolitikern leistet. Gegner bezeichnen Lukaschenko als «letzten Diktator Europas» nach dem Sturz des jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic.
Widerstand gegen OSZE-Mission aufgegeben
Immerhin hat Lukaschenko seinen Widerstand gegen die Arbeit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Minsk aufgegeben. «Das neue Büro kann gemäß dem Mandat arbeiten», sagt der deutsche Botschafter Eberhard Heyken, der seit Februar die OSZE-Mission in Minsk leitet. In den Vorjahren hatte sich die OSZE vergeblich darum bemüht, den Graben zwischen Staatsmacht und Opposition zu überwinden und beide Seiten zu Gesprächen an einen Tisch zu bekommen.