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"Maybrit Illner" Macht uns Helene Fischer bald Lust aufs Impfen?

Im "Maybritt Illner"-Talk wurde die Frage diskutiert: "Corona verzeiht keinen Fehler – was kommt nach dem Shutdown?"
Im "Maybritt Illner"-Talk wurde die Frage diskutiert: "Corona verzeiht keinen Fehler – was kommt nach dem Shutdown?"
© Svea Pietschmann / ZDF
Kurz vor Jahresende und dem Impfstart in Deutschland ging es beim Polit-Talk "Maybrit Illner" erneut um die beste Strategie im Kampf gegen Corona. Neben erwartbaren kam es auch zu überraschenden Vorschlägen.
Von Simone Deckner

Sir Ian McKellen, 81, hat es schon getan: Er hat sich gegen Corona impfen lassen. Er sei "sehr dankbar", twitterte der britische Schauspieler ("Der Herr der Ringe") am Donnerstag und empfahl anderen, es ihm gleichzutun. Prominente Impf-Fürsprecher brauche es auch hierzulande, so die Medizinethikerin Christiane Woopen bei Maybrit Illner, die im letzten Mal in diesem Jahr, aber zu einem altbekannten Thema, talkte: "Corona verzeiht keinen Fehler – was kommt nach dem Shutdown?" Welcher V.I.P. aber könne eine solche Vorbildfunktion in Deutschland übernehmen, hakte Maybrit Illner nach. Christiane Woopen: "Vielleicht Helene Fischer? Ich kenne mich da nicht so aus."

Wie schwer das Wort von Promis auch außerhalb ihrer Profession wiege, erklärte die Medizinethikerin am Beispiel Angelina Jolie. Als die Schauspielerin vor einigen Jahren öffentlich über die Gefahren von erblichem Brust- und Eierstockkrebs und ihre eigene OPs sprach, habe sie damit mehr für die Prävention getan als viele Krebs-Aufklärungskampagnen zuvor, so Woopen: "Die Onkologen haben sich jahrelang den Mund fusselig geredet, um Frauen zu erreichen. Angelina Jolie schreibt einen Beitrag und die ganzen Einrichtungen können sich nicht retten vor Anmeldungen."

Auch er würde sich "sofort" impfen lassen, sagte der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU), der kurzzeitig für seinen bayerischen Kollegen Markus Söder (CSU) eingesprungen war. "Wir müssen aber auf Freiwilligkeit setzen", so Hans, der sich damit klar gegen eine Impfpflicht aussprach.

Es diskutierten:

  • Tobias Hans, (CDU) Ministerpräsident des Saarlandes
  • Karl Lauterbach (SPD), Bundestagsabgeordneter, Epidemiologe und Gesundheitsökonom 
  • Jonas Schmidt-Chanasit, Virologe am Bernhard-Nocht-Institut, Universität Hamburg
  • Christiane Woopen, Medizinethikerin, Vorsitzende des Europäischen Ethikrates 
  • Lisa Federle, Ärztin, Initiatorin der "Tübinger Corona-Teststrategie", Präsidentin des DRK-Kreisverbands sowie Pandemiebeauftragte des Landkreises Tübingen (zugeschaltet)

Zahlenspiele mit dem Inzidenzwert

Doch:Bis der Großteil der Menschen in Deutschland geimpft ist, wird es noch Monate dauern. Virologe Jonas Schmidt-Chanasit wollte sich nicht an Spekulationen beteiligen, ob das Ziel, 60 bis 70 Prozent Durchimpfung wirklich schon im nächsten Sommer erreicht sein könnte, wie Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in Aussicht gestellt hat. Wichtig sei weiterhin, die Zahl der Infektionen massiv zu senken.

Das Stichwort für Karl Lauterbach (SPD). "Ich spreche mich für einen Inzidenzwert von unter 25 Infektionen auf 100.000 Personen aus", sagte der Gesundheitsexperte und erntete dafür Kopfschütteln bei Tobias Hans. Bislang war stets davon die Rede gewesen, den R-Wert auf 50 zu drücken. Man solle die Menschen mit neuen Zahlen doch nicht verunsichern, rügte Hans Lauterbach. Er selbst sprach im Laufe der Sendung jedoch mal von einem Inzidenzwert 50, dann wieder von einem Ziel von unter 35 – ein Zahlenspiel frei nach dem Motto: Wer bietet weniger?

Einig waren sich sowohl die beiden Politiker als auch der Virologe und die Medizinethikerin in dem Befund, dass der Teil-Lockdown nicht funktioniert habe. Lauterbach gab dabei auch Fehleinschätzungen zu: Er habe noch vor einiger Zeit geglaubt, man können sowohl Betriebe als auch Schulen offen halten. "Die Leute, die damals schon gesagt haben, dass Kinder und Jugendliche wesentliche Treiber der Pandemie sind, hatten Recht."

Tübinger Ärztin: "Menschen rufen an und weinen"

"Die Politiker wollten es allen Recht machen, dabei haben sie es vor allem dem Virus recht gemacht!", kritisierte die Ärztin und Pandemiebeauftragte Tübingens, Lisa Federle, den Wellenbrecher-Lockdown. Sichtlich angefasst erzählte sie von den Schwierigkeiten, denen sie sich im März gegenübersah, als sie sich vehement für den konsequenten Schutz von älteren Risikopatienten in Tübingen einsetzte. Gegen den Willen von Gesundheitspolitikern habe sie mit dem regelmäßigen Testen in Alten- und Pflegeheimen und bei Besuchern angefangen – heute schmückt sich auch der Tübinger OB Boris Palmer mit der von ihr initiierten Strategie.

"Unser System sollte Schule machen!", forderte Federle. Sie erzählte, dass sie "x Zuschriften und Anrufe aus ganz Deutschland" erreicht hätten. Eine 82-Jährige habe am Telefon geweint und gesagt, sie wisse nicht, ob sie noch einmal ihren Enkel sehen könne. "Wir hätten das im Sommer angehen müssen!", so Federle.

Aus der Runde gab es viel Lob für ihre Tübingen-Strategie. Virologe Schmidt-Chanasit anerkennend: "Da ist es gelungen, in die Bevölkerung hineinzuwirken." Karl Lauterbach sprach sich in dafür aus, in ganz Deutschland die Menschen in den Alten- und Pflegeheimen zwei Mal wöchentlich zu testen und so diese vulnerable Gruppe endlich besser vor dem Virus zu schützen. Trotz der Hoffnung auf die Impfung, in Hinblick auf eine andere Katastrophe habe ihn 2020 pessimistischer gemacht, so der SPD-Gesundheitsexperte. "Gegen die Klimakatastrophe gibt es keine Impfung". Da hilft dann wohl nicht mal mehr Helene Fischer.

fs

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