"Vielen Dank, wir packen das!" Julia Klöckner tritt gegen Kurt Beck an

Mit der 37-jährigen Julia Klöckner als Herausforderin von Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) zieht die rheinland-pfälzische CDU in die Landtagswahl im nächsten Frühjahr.

Aus dem Lautsprecher läuft der Hit der britischen Popgruppe "Coldplay" mit der Zeile: "When I ruled the world". Draußen grüßt der Binger Mäuseturm von seiner Insel im Rhein, umrandet von malerischen Weinbergen. Die Welt will Julia Klöckner zwar noch nicht regieren, das Land Rheinland-Pfalz hat sie aber schon mal fest im Blick: In einem Jahr will die 37 Jahre alte Ex-Weinkönigin den letzten SPD-Alleinherrscher der Republik aus dem Amt fegen - Kurt Beck, seit 15 Jahren sozialdemokratischer Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz.

Am Samstag wurde Klöckner mit der überwältigenden Mehrheit von 99,5 Prozent der gültigen Stimmen auf einem Parteitag in Bingen zur Spitzenkandidatin der rheinland-pfälzischen CDU für die Landtagswahl am 27. März 2011 gekürt. "Es ist ein bewegender Moment", sagte sie und rief den rund 1.000 Zuhörern zu: "Vielen Dank, wir packen das!"

Ihr derzeitiger Job allerdings spielt noch in Berlin: Seit der Bundestagswahl im September 2009 ist Klöckner Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Niemand anderes als Bundeskanzlerin Angela Merkel soll der Nachwuchshoffnung aus Rheinland-Pfalz den Posten verschafft haben. Merkel schätzt Klöckner, heißt es. Ein Foto auf der Homepage der Bad Kreuznacherin zeigt die beiden Damen zumindest einträchtig mit einer Flasche Wein von der Nahe.

Der Wein spielte im Leben der Julia Klöckner ohnehin eine entscheidende Rolle: Aufgewachsen in einem kleinen Weinbaubetrieb in Guldental an der Nahe, wurde sie im Herbst 1994 zur Deutschen Weinkönigin gewählt. Einer der ersten Gratulanten: Kurt Beck, damals frisch gewählter Ministerpräsident. Dem schickte sie nun einen Blumengruß zum Weltfrauentag, als süffisanter kleine Geste von der kommenden starken Frau. Beck kündigte im Gegenzug an, er werde Klöckner nach ihrer Kür zur Spitzenkandidatin "in schöner sozialistischer Manier" einen Nelkenstrauß schicken.

Durch die Blume reden die beiden Kontrahenten aber eher selten: Wie Beck pflegt auch Klöckner einen direkten und unabgehobenen Politikstil. Seit der Ankündigung ihrer Kandidatur wirbt sie für mehr Dialog zwischen Politik und Bürgern. Am Samstag kündigte sie eine grundlegende Neuausrichtung der Politik in Rheinland-Pfalz an: Das Land brauche neuen Schwung und neue Leidenschaft, beides fehle unter der SPD-Alleinregierung.

Dennoch hat die Herausfordererin mit dem Amtsinhaber viel gemeinsam. Das Becksche Motto "Nah bei de Leut" heißt bei Klöckner "nah bei den Menschen", ihr Umgangsstil gilt als volksnah und unabgehoben, und auch Klöckner setzt auf soziale Marktwirtschaft und Solidarität mit den Arbeitenden. Dazu gilt sie als ausgefuchster Medienprofi. Auftreten, Repräsentieren, und "mit de Leut zu schwätze", all das habe sie als Weinkönigin gelernt, erzählt die gelernte Journalistin gerne.

Nach dem Studium der Politik, Pädagogik und katholischen Theologie und ihrem Volontariat beim Südwestrundfunk, arbeitete sie für das Weinmagazin "Weinwelt" und war von 2002 bis 2009 Chefredakteurin des Magazins "Der Sommelier". Noch heute ist Klöckner eine leidenschaftliche Botschafterin guten Naheweins - in ihrem Büro steht ein stets gut gefüllter Klimakühlschrank.

In die Politik zog es Klöckner früh: Mit 24 trat sie in die Junge Union ein, gehörte ab 2002 dem Landesvorstand der CDU-Nachwuchsorganisation und dem Bundesvorstand der Frauen-Union an. Im gleichen Jahr zog sie erstmals über die Landesliste in den Bundestag ein. 2005 eroberte sie ihren Wahlkreis Bad Kreuznach direkt und verteidigte ihn 2009 mit 47 Prozent. In die Landtagswahl 2011 soll Klöckner als Spitzenkandidatin und Parteichefin ziehen. Überraschend trug ihr Amtsinhaber Christian Baldauf in Bingen auch den CDU-Landesvorsitz an, den sie noch in diesem Jahr übernehmen soll.

APN
Gisela Kirschstein, APN