Die Entscheidung der Regierung Konrad Adenauer, nur kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs, wieder eine Armee zu gründen, stieß in der Bevölkerung nicht gerade auf große Begeisterung. Ebensowenig die Einführung der Wehrpflicht ein Jahr später. Das ist nun genau ein halbes Jahrhundert her. Und in dieser Zeit haben sich das Bild und die Aufgabe der Armee grundlegend geändert.
Spätestens mit dem Fall der Mauer sind der Bundeswehr die äußeren "Feinde" ausgegangen. Damit bestand auch kein Bedarf mehr an einem großen "Volksheer". Folglich ging die Zahl der Bundeswehrsoldaten zurück, von knapp 500.000 Anfang der 90er Jahre auf rund 250.000, darunter rund 36.000 Wehrdienstleistende. Tendenz weiter fallend, denn für die neuen Aufgaben der Soldaten im Ausland werden Profis benötigt und keine 18-Jährigen, die nur ein knappes Jahr bei der Truppe dienen.
Die Geschichte der Wehrpflicht
... reicht bis in die Antike zurück. Schon die alten Römer rekrutierten so ihre Soldaten, ebenso Frankreich zu Zeiten der Revolution. In Deutschland wurde die allgemeine Wehrpflicht 1813 eingeführt. Nach dem Ersten Weltkrieg war damit allerdings Schluss, die Versailler Verträge untersagten die Wehrpflicht, erst die Nazis führten sie 1935 wieder ein.
Nach dem Krieg beschloss der Bundestag am 7. Juli 1956 mit großer Mehrheit, abermals die Wehrpflicht einzuführen. Die ersten rund 10.000 Grundwehrdienstleistenden traten ein Jahr später ihren Dienst an, der damals noch zwölf Monate dauerte. In den folgenden 50 Jahren haben mehr als acht Millionen junge Männer ihren Dienst an der Waffe abgeleistet.
Deswegen rufen immer mehr Experten und Parteien nach einer Berufsarmee. Verteidigungsminister Franz Josef Jung allerdings hat sich zum 50-jährigen Bestehen der Wehrpflicht nochmal deutlich dafür ausgesprochen, sie beizubehalten. "Und ich bin dankbar, dass wir dies in der Koalition auch so vereinbart haben", sagte Jung der "Rheinische Post".
Bundeswehr als Spiegelbild
Vieles hat lange Zeit für die Wehrpflicht geprochen: Ihre Protagonisten schwärmten vom "Bürger in Uniform", von der Spiegelung der Gesellschaft in der Armee. Vor allem aber wurde und wird immer wieder der Begriff der "Wehrgerechtigkeit" ins Spiel gebracht - alle sollten ihre Pflicht leisten müssen. Diese Maxime jedoch ist nicht mehr zu halten. Schätzungen zufolge wird nur noch jeder Zweite Diensttaugliche eingezogen. Warum der eine zur Armee muss und der andere nicht, bleibt oft rätselhaft. Die Deutsche Friedensgesellschaft spricht angesichts dieser Praxis von einem "einem Lotteriespiel".
Um der Wehrgerechtigkeit wieder Genüge zu tun, erhöhte das Verteidigungsministerium für 2006 die Zahl der Stellen um 5000 auf 35.000. Zusammen mit den freiwillig länger Dienenden komme die Bundeswehr auf nunmehr 60.000 Plätze für Wehrpflichtige, sagte Franz Josef Jung. "Damit können wir gewährleisten, dass nahezu 80 Prozent derjenigen, die für die Ableistung des Grundwehrdienstes zur Verfügung stehen, auch einberufen werden", so der Verteidigungsminister weiter.
Glaubt man dem Wehrdienst-Verweigererverband KDV, sind diese Angaben nichts weiter als Trickserei. 2005 habe es noch fast 40.000 Jungsoldaten gegeben, also bedeute die Planung für 2006 keine Erhöhung sondern einem Abbau des Personals. "Wie auf diese Weise erreicht werden soll, dass zukünftig mehr als nur jeder Zweite seinen Wehrdienst leistet, bleibt das Geheimnis des Verteidigungsministers", sagt KDV-Geschäftsführer Peter Tobiassen.

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Woher soll das Geld kommen?
Ebenfalls kritisch betrachtet der KDV die Ankündigung des Verteidigungsministers, künftig weitere 25.000 Dienstposten für Grundwehrdienstleistende zu schaffen und damit die Bundeswehr von jetzt 250.000 auf über 280.000 Soldatinnen und Soldaten zu vergrößern. Die dadurch entstehenden Kosten in Höhe von mindestens 1,5 Milliarden Euro seien in Anbetracht der Haushaltslage nicht zu finanzieren, so Tobiassen.