NDR/WDR-Recherchen AfD-Chat "Quasselgruppe": Schwulenfeinde, Merkel-Hass und Umsturzfantasien

Afd-Bundestagsfraktion
Teile der AfD-Bundestagsfraktion Ende April
© Frederic Kern/Geisler-Fotopress / Picture Alliance
Erneut sind interne Chats aus einer AfD-Gruppe ans Tageslicht gekommen. 40.000 Beiträge der Bundestagsfraktion wurden NDR und WDR zugespielt. Zahllose Beleidigungen und offen zur Schau gestellter Hass offenbaren ein teilweise radikales Gedankengut.

Was sagen AfD-Abgeordnete, wenn sie glauben, dass ihnen keiner zuhört? Recherchen vom NDR und WDR haben es teilweise herausgefunden. Den Journalisten seien rund 40.000 interne Chatnachrichten aus einer Gruppe der Bundestagsfraktion zugespielt worden, berichten die Sender. Die Unterhaltungen belegten, dass viele AfD-Abgeordnete immer wieder teils radikale Äußerungen von sich gegeben hätten. So sei etwa vor rund drei Jahren die damalige Kanzlerin Angela Merkel "Ratte" und "Volksverräterin" genannt worden.

Rede ist von "Sieger Tribunals (Nürnberg 2.0)"

In einer Nachricht, aus der die ARD mit Datum 25. August 2019 zitiert, ist die Rede von "Sieger Tribunals (Nürnberg 2.0)" und dass "AM & Konsorten niemals für ihre 'Verbrechen' zur Rechenschaft gezogen werden". Das Kürzel AM steht dabei offenbar für Angela Merkel.

In dem Chat, genannt "Quasselgruppe", hätten nach Angaben von NDR und WDR "mindestens 76 der 92 AfD-Abgeordneten bis nach der Bundestagswahl 2021" regelmäßig geschrieben. "Die Chats zeigen, mit welcher Hybris die Fraktion gestartet ist: 'Wir sind die letzte Chance die dieses Land hat, und das meine ich bitter ernst!!!' (27.7.2019)", heißt es laut der Recherche der öffentlich-rechtlichen Sender.

Neben offen frauen- und schwulenfeindlichen Schmähungen und zahllosen weiteren Beleidigungen von Politikern anderer Parteien, offenbare sich auch immer wieder ein irritierendes Selbstbild: So heißt es einmal: "Und der Chaosladen will Deutschland retten?" Oder im Dezember 2019: "Politik ist ein schmutziges Geschäft und in unseren Reihen anscheinend noch viel schmutziger."

Weidel: "Solche Sachen gehen nicht"

Die ARD-Journalisten haben AfD-Fraktionschefin Alice Weidel zu den Chats befragt, drunter zu den dort geäußerten Umsturzfantasien: "Solche Sachen gehen natürlich überhaupt nicht. Und hätte ich davon Kenntnis gehabt, wäre auch dagegen vorgegangen worden", so Weidel zu NDR und WDR, die nach eigenen Angaben nie Mitglied des Chats gewesen sei. Kritik an ihrer Person aus den eigenen Reihen stehe sie dagegen gelassen gegenüber. Unzufriedene gebe es immer. "Da müssen die sich überlegen, ob sie sich vielleicht ein anderes Hobby suchen, anstatt ihre Zeit zu vergeuden, permanent in Chats reinzuschreiben."

Ende vergangenen Jahres waren Chats aus einer bayerischen AfD-Telegram-Gruppe aufgetaucht. Die Mitglieder, Münchener Landtags- und Berliner Bundestagsabgeordnete, äußerten auch dort oft Umsturz- und Revolutionsfantasien. Seit Mitte März beobachtet der Verfassungsschutz die gesamte Partei als rechtsextremen Verdachtsfall.

Quellen: Tagesschau, NDR, "Welt"

nik

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