SPD-Parteichef Sigmar Gabriel hat die Koalition gedrängt, endlich eine gemeinsame Afghanistan-Strategie vorzulegen. "Wer ohne eigene Strategie nach London reist, sitzt dort am Ende am Katzentisch", sagte Gabriel mit Blick auf die internationale Afghanistan-Konferenz in der kommenden Woche.
Der SPD-Chef signalisierte Bereitschaft zur Kooperation mit der Regierung, allerdings nur, wenn Ziel und Konzept rechtzeitig offengelegt würden. Gabriel kritisierte, dass einerseits Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) mehr Kampftruppen für Afghanistan fordere, andererseits Außenminister Guido Westerwelle (FDP) mit einem Boykott der Londoner Afghanistan-Konferenz drohe, wenn diese zu einer reinen Truppenstellerkonferenz würde.
Für die SPD lehnte er eine Aufstockung der Truppenobergrenze von derzeit 4.500 Soldaten ab. Bundeskanzlerin Angela Merkel plant eine Regierungserklärung zu Afghanistan am kommenden Mittwoch im Bundestag, einen Tag vor der Londoner Konferenz. Sie hatte am Wochenende für eine gemeinsame Haltung der Koalition mit den Sozialdemokraten geworben. Gabriel sagte bei der Afghanistan-Konferenz der SPD in Berlin: "Wir sind nicht aus Gründen der Opposition gegen eine gemeinsame Haltung mit der Bundesregierung zur weiteren Afghanistan-Strategie. Aber wir wollen auch nicht für etwas vereinnahmt werden, über das nicht offen und für die deutsche Bevölkerung transparent mit uns beraten wurde."
Verteidigungsminister Guttenberg will in der kommenden Woche sein Konzept vorlegen. Gabriel warnte, er halte nichts davon, den Afghanistan-Einsatz zu einem internationalen Krieg zu erklären und möglicherweise mit einem robusteren Mandat zu verschleiern, dass mehr zivile Tote akzeptiert würden. 2009 sei laut UN mit über 2.400 toten Zivilsten ohnehin das schlimmste Jahr seit 2001 gewesen.
Gabriel forderte außerdem, mit Mitte 2011 nicht nur einen Zeitpunkt für den Beginn des Rückzugs aus Afghanistan zu benennen, sondern auch einen "Korridor für den Abschluss des Abzugs", den er mit 2013 bis 2015 angab. "Es muss allen beteiligten Akteuren klar sein, dass unser Engagement ein zeitlich befristetes ist", betonte er. Allerdings dürfe die deutsche Position nicht isoliert von den internationalen Partnern entwickelt werden.