Anlässlich des fünften Jahrestags der Anschläge vom 11. September 2001 hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die internationale Gemeinschaft zum geschlossenen Anti-Terror-Kampf aufgerufen. Der Terrorismus sei "die große Herausforderung des 21. Jahrhunderts", erklärte Merkel am Montag am Rande des Asien-Europa-Gipfels in Helsinki. Die Bundeskanzlerin bekräftigte aber zugleich ihre Kritik am Vorgehen der USA im Anti-Terror-Kampf, die sie bereits am Wochenende in ungewöhnlich scharfer Form geäußert hatte.
Merkel sagte, der Terrorismus könne politisch bekämpft werden, "wenn wir gemeinsam agieren". Zur Bekämpfung des Terrorismus "bedarf es neuer Mittel und Möglichkeiten, das ist zum Beispiel in Deutschland auch inzwischen akzeptiert", fuhr Merkel fort. Als Beispiele nannte sie die geplante Anti-Terror-Datei und die Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen.
Andere Kulturen mit Respekt behandeln
Unter anderem mit Blick auf die US-Geheimdienstgefängnisse für Terrorverdächtige mahnte die Kanzlerin aber in einer in Berlin veröffentlichten Erklärung: "Achtung des Völkerrechts, Toleranz und Respekt vor anderen Kulturen sollte neben Entschlossenheit und internationaler Geschlossenheit die Maxime unseres Handels sein." Auch ein "Dialog der Kulturen" sei notwendig, um Fundamentalisten und Terroristen das Wasser abzugraben. Zudem müssten die demokratische und wirtschaftliche Entwicklung in den betroffenen Krisenregionen gestärkt und den Menschenrechten mehr Achtung verschafft werden.
Auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble wiederholte seine Kritik am Vorgehen der USA. Man müsse zwar mit Entschiedenheit gegen das Terrornetzwerk Al Kaida vorgehen. Aber man könne die Prinzipien des Rechtsstaates und des Völkerrechts nicht verteidigen, indem man sie aufgebe oder auch nur teilweise außer Kraft setze, sagte Schäuble im "Deutschlandradio Kultur". Auch zum Irak-Krieg äußerte sich der Innenminister kritisch. Der Sturz des Diktators Saddam Hussein sei zwar richtig gewesen, was aber aus dem Krieg geworden sein, "das war von vornherein zweifelhaft", sagte Schäuble. Er warnte zum Jahrestag der Anschläge zugleich davor, die Terrorgefahr in Deutschland zu unterschätzen. "Wir müssen wachsam sein", sagte der CDU-Politiker der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse". Als Konsequenz forderte Schäuble schärfere Sicherheitsmaßnahmen wie eine stärkere Videoüberwachung.
BND-Präsident kritisiert Lage im Irak
Kritik an der Lage im Irak kam auch vom Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes (BND), Ernst Uhrlau, der den Krieg gegen den Irak unter dem Gesichtspunkt der Terrorbekämpfung als einen Fehler bezeichnete. Vor dem Krieg habe es keine Terroristen im Irak gegeben, sagte Uhrlau laut einer Mitteilung dem ZDF. Heute sei der Irak eine Plattform, die die Chance biete, die USA dort anzugreifen. Der Botschafter der USA in Berlin, William R. Timken, warf den Europäern im Gegenzug vor, die Terrorgefahr zu unterschätzen. Der Diplomat rief in der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" dazu auf, "die Ernsthaftigkeit der Bedrohung bewusster zur Kenntnis zu nehmen".
Timken wies die Kritik an den CIA-Gefängnissen zurück und erklärte, der US-Geheimdienst habe großartige Arbeit geleistet und damit tausende Menschenleben gerettet. 14 muslimische Verbände und Migrantenorganisationen riefen zum Terror-Jahrestag in einer gemeinsamen Erklärung zu Friedensgebeten auf. Die Verbände verurteilten die Anschläge von New York. Der Islam sei die "Religion des Friedenmachens". Die Unterzeichner riefen die Gesellschaft auf, "der insbesondere nach dem 11. September entstandenen Islamfeindlichkeit entschiedener entgegenzuwirken".