Unruhe in der Union War's das für Laschet? Was den CDU-Chef noch im Spiel hält

Im Spotlight: Armin Laschet, CDU-Bundesvorsitzender und Kanzlerkandidat der Union 
Im Spotlight: Armin Laschet, CDU-Bundesvorsitzender und Kanzlerkandidat der Union 
© Oliver Berg/ / Picture Alliance
Armin Laschet hat 99 Probleme – und eine Regierungsbildung ist gerade keins davon. Der CDU-Parteichef kämpft ums politische Überleben. Hat er eine Chance?

Wer genau hinhört, meint ihn schon zu hören: den Abgesang auf Armin Laschet. Manche in der Union stimmen ihn lautstark an, wie die CDU-Landtagsabgeordnete Ellen Demuth, die schon am Tag nach der Bundestagswahl seinen Rücktritt als Parteichef forderte. Andere schwanken noch in der Wahl ihrer Intonierung, wie die Parteispitzen Norbert Röttgen oder Jens Spahn, die ihre Kritik am Kandidaten nur mit zugepressten Lippen summen. Und einer greift selbstbewusst zum Mikro, der CSU-Vorsitzende Markus Söder, als halte er sich noch immer für die Stimme bei Modern Talking.

Aber wie man es dreht und wendet: Laschet ist angezählt. Elf Tage nach der für CDU und CSU desaströsen Bundestagswahl bekommt er einiges auf die Ohren. Viele in der Union äußern nach der Wahlschlappe den Wunsch nach einem schnellen Neuanfang. Es wird sogar schon über die Zeit nach ihm gesprochen – dabei ist er, nach allem, was man weiß, noch immer der Parteivorsitzende. War's das für Laschet?

Die Sache mit dem "Keks"

Einiges spricht dafür, dass seine politische Karriere ein baldiges Ende finden könnte. Laschet hat 99 Probleme – die von Plaudereien bis Demütigungen reichen – und eine Regierungsbildung ist seit Mittwoch erstmal keins mehr davon. Grüne und FDP wollen zunächst mit der SPD über die Möglichkeit einer Koalition sondieren, Gespräche über ein Bündnis unter Führung der Union erteilten sie erstmal eine Absage. Und damit Laschets einzig realistischer Machtoption. Böse Zungen würden auch sagen: seiner letzten Daseinsberechtigung als Parteichef.

Doch es gibt auch Umstände, die Laschet noch im Spiel halten. Auch wenn der angeschlagene CDU-Vorsitzende sein Schicksal kaum noch selbst in der Hand haben dürfte.

Da ist zunächst der "Keks", der "noch nicht gegessen" wurde – dargereicht vom Grünen-Co-Chef Robert Habeck. Gemeint: ein Jamaika-Bündnis, kommt es doch noch zum Ampel-Ausfall. Entgegen Söders Lesart, dass die ersten Ampel-Gespräche eine "de-facto-Absage an Jamaika" bedeuten würden, ist die Option theoretisch nicht vom Tisch. So wollen es auch die Liberalen verstanden wissen.

Am Mittwochabend verwies FDP-Chef Christian Lindner darauf, dass Jamaika "unverändert eine tragfähige Option" bleibe – "das sage ich ausdrücklich auch an die Adresse der CSU". Tags darauf legte Generalsekretär Volker Wissing nach, der "weiter eine inhaltliche Nähe zur Union" sehe. "Deswegen fanden wir es nicht sehr klug, dass Herr Söder jetzt Möglichkeiten vom Tisch genommen hat." Konstantin Kuhle, der innenpolitische Sprecher der FDP, ging sogar noch einen Schritt weiter: Er nannte "die permanenten CSU-Blutgrätschen gegen Armin Laschet" als Grund dafür, das es nicht zu Sondierungsgesprächen mit der Union gekommen sei.

Letztere Aussage mag Legendenbildung sein. Dennoch zeigt sie im Ergebnis die Verärgerung der Liberalen darüber, dass Söder den Keks zu zerbröseln versucht – obwohl Laschet nach wie vor beteuert, "auch zu weiteren Gesprächen" bereitzustehen. Dass diese noch stattfinden werden, erscheint derzeit unrealistisch. Dennoch: Der CDU-Chef könnte noch gebraucht werden.

Und dann?

Wer sonst würde als CDU-Chef, sollte der Verhandlungstisch doch noch gedeckt werden, daran Platz nehmen? Ein logischer Nachfolger drängt sich nicht auf, die mit entsprechenden Ambitionen bleiben noch in Deckung – wohl verbunden in der Selbsterkenntnis, dass sie nicht als Hoffnungsträger gelten, auf die sich alle in der Partei einigen könnten. Der CDU könnte nach einem Abgang Laschets erneut ein langwieriger und kraftraubender Führungskampf drohen – der eine ohnehin krisengebeutelte Union alles andere als regierungsfähig wirken lassen würde.

Außerdem lässt Laschet (noch) nicht erkennen, dass er freiwillig hinschmeißen würde – wie einst seine Amtsvorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer, die nach anhaltender Kritik wohl auch aus innerlicher Erloschenheit das Handtuch warf.

Video: Laschet hält an Regierungsoption mit Jamaika-Bündnis fest
Laschet hält an Regierungsoption mit Jamaika-Bündnis fest

Das wirft die Frage auf, wie seine Nachfolge überhaupt organisiert werden würde und müsste – durch einen (Sonder-)Parteitag, mit oder ohne Beteiligung der Basis durch eine Mitgliederbefragung? Auch da gibt es unterschiedliche Ansichten.

Die CDU wirkt Kopf- und kurslos. Die Gemengelage ist unübersichtlich, die Situation durchaus ambivalent – hält sie Laschet doch wohl vorerst im Amt. Doch der Schlussakkord für Laschet könnte womöglich schon bald folgen: Wie die "Bild"-Zeitung berichtete, wurde bereits die Messehalle in Dresden für Anfang Dezember geblockt – für einen CDU-Bundesparteitag, die Bühne für den Abgesang sein könnte.