Der wegen der Vergabe eines teuren Beratervertrags umstrittene Chef der Bundesanstalt für Arbeit (BA), Florian Gerster, hat Rücktrittsforderungen zurückgewiesen. "Solange ich den Eindruck habe, dass ich Rückendeckung in der BA und in der Regierung habe, denke ich nicht an einen Rücktritt", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Die Aufregung über den Vertrag und den Werbeetat der Behörde nannte er eine "inszenierte Medienkampagne".
Der Vertrag der BA gesteht der Berliner Firma WMP EuroCom des Medienberaters Bernd Schiphorst für ein Marketing- und Kommunikationskonzept insgesamt 1,3 Millionen Euro zu - 500.000 für 2003 und 820.000 Euro für 2004. Dazu stellt die BA laut "FAZ" zusätzlich 25 Millionen Euro für eine Imagekampagne bereit, um den Umbau der BA in der Öffentlichkeit zu begleiten.
Gerster: Summe bescheiden
Gerster nannte diese Summe "bescheiden" angesichts der Größenordnung der Institution. Die Kampagne sei nötig, um den neuen Namen der Bundesanstalt, die neuen Instrumente und den virtuellen Arbeitsmarkt der Öffentlichkeit bekannt zu machen. "Im Kern" steigere die Behörde ihre Ausgaben für die Öffentlichkeitsarbeit nicht.
Den Vorwurf, die Auftragsvergabe habe gegen EU-Recht verstoßen, weil zuvor keine Ausschreibung stattgefunden hatte, wies Gerster zurück. Es habe sich um eine Eilvergabe gehandelt. Die Bundesanstalt sei in einem "extrem negativen Meinungsumfeld, was Marketing und Kommunikation nach innen und außen angeht" gewesen, sagte er. "Dies musste man unverzüglich anpacken."
Opposition fordert Rücktritt
CDU und FDP behielten sich Rücktrittsforderungen für den Fall vor, dass sich die Vorwürfe der Geldverschwendung bestätigen. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer sagte dem Bonner "Generalanzeiger": "Es reicht jetzt langsam mit den Eskapaden von Herrn Gerster. Er soll sich vor dem Bundestags-Ausschuss für Wirtschaft für sein Verhalten rechtfertigen. Danach sehen wir weiter."
FDP-Fraktionsvize Carl-Ludwig Thiele sagte der Chemnitzer "Freien Presse", sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, dürfte Gerster nicht mehr zu halten sein. Es sei "abenteuerlich", in dieser Höhe Beitragsgelder für Öffentlichkeitsarbeit der BA zu verwenden. Für personelle Konsequenzen aus dem "Skandal" hatten am Wochenende bereits die Unionspolitiker Horst Seehofer (CSU) und Hermann-Josef Arentz (CDU) plädiert.

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BA fühlt sich diskreditiert
Die Bundesanstalt sieht mit der Kritik an dem WMP-Vertrag ihre nach eigener Ansicht Erfolg versprechende Reformarbeit diskreditiert. Alle Beteiligten sollten zur Sachlichkeit zurückkehren "und erst Tatsachen zur Kenntnis nehmen, bevor Urteile abgegeben werden", forderte der BA-Vorstand. Die Grünen warnten vor einer Kampagne gegen Gerster, ließen aber auch Unbehagen über den Vorgang erkennen.
Das Bundesarbeitsministerium stellte sich am Montag vor den BA- Vorstandsvorsitzenden. Eine Sprecherin stellte aber im Berliner "Tagesspiegel" klar: "Wenn der Verwaltungsrat der BA die Rechtmäßigkeit des Vertrags anzweifelt, dann sind wir bereit, dies zu überprüfen." Es gebe "keine Anhaltspunkte, Herrn Gerster im Moment in irgendeiner Weise zu kritisieren", hatte es am Montag vom Ministerium geheißen.