Der Kanzler kam schnell zur Sache. Geradezu dankbar sei er für die Frage, ließ er nach seinem Treffen mit Klaus Töpfer in dessen Hauptquartier in einem idyllischen Vorort der kenianischen Hauptstadt Nairobi gleich wissen. Was die berufliche Zukunft seines Parteifreundes Florian Gerster in der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg angeht, hielt sich Gerhard Schröder mit Hinweis auf seine Abwesenheit von Berlin weiter bedeckt. Doch bei Klaus Töpfer, dem Leiter der UN-Umweltbehörde, fiel am Mittwoch der strikte Vorsatz des Kanzlers, sich in Afrika nicht zur deutschen Innenpolitik zu äußern.
"Ich finde, dass auf Grund seiner menschlichen und persönlichen Integrität und wegen seiner Lebenserfahrungen Klaus Töpfer für jedes denkbare Amt qualifiziert ist, national und international", lobte Schröder den neben ihm sitzenden CDU-Politiker über den grünen Klee. Ein "hervorragender Mann" sei Töpfer, der in den vergangenen Jahren "leider in der falschen Partei Dienst getan" habe, steigerte er noch seine Eloge, um dann zum Angriff auf die Union überzugehen.
"Zögerliche Diskussion bei CDU und CSU"
Mit ihrer "zögerlichen" Diskussion über den nächsten Bundespräsidenten seien CDU und CSU dabei, "Menschen zu verheizen" empörte sich der Kanzler. "Ich bin nicht am Zuge. Andere müssen sich verantwortungsvoller verhalten, als sie es bisher getan haben", fügte er noch spitz hinzu, bevor er in Anwesenheit Töpfers zum Abschied noch schnell einen afrikanischen Flammenbaum pflanzte.
Es war nicht das erste Mal, dass der Kanzler vom Ausland aus in die Kandidaten-Debatte eingriff. Bereits im vergangenen September, als Johannes Rau gerade seinen Verzicht auf eine neue Amtszeit mitgeteilt hatte, formulierte Schröder von Prag aus seine Erwartungen an die Nachfolge: Eine Frau solle es unbedingt werden, eine Kandidatin, die möglichst über Parteigrenzen hinweg geschätzt werde, lautete die Kanzler-Marschroute.
Das Kalkül der SPD
Schon dieser Schachzug war nicht ohne taktischen Hintersinn. Falls am 23. Mai tatsächlich erstmals eine Kandidatin in das höchste Staatsamt gewählt wird, würde sich der erhoffte Frauen-Bonus für CDU-Chefin Angela Merkel, 2006 erste Kanzlerin der Republik zu werden, ziemlich relativieren, so das Kalkül in der SPD.
Nicht weniger schlitzohrig ist auch der politische Giftpfeil, den der Kanzler nun von Afrika aus in Richtung Union losschickte. Mit dem liberalen und jovialen Ex-Umweltminister Töpfer, den der saarländische CDU-Ministerpräsident Peter Müller als möglichen Rau- Nachfolger ausgerufen hatte, könnte Schröder eindeutig besser leben als mit Wolfgang Schäuble, den die CSU und Teile der CDU weiter favorisieren. Im Regierungslager wird derzeit mit Aufmerksamkeit registriert, dass sich die Begeisterung für Schäuble in den eigenen Reihen in Grenzen hält. Dies könnte Töpfers bisherige Außenseiter- Chancen verbessern.

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Einen Keil in die Union treiben
Hauptzweck der Kanzler-Offensive ist es aber offensichtlich, einen weiteren Keil in die wegen der Präsidentenfrage zunehmend nervösen Unionsreihen zu treiben. Die schon fast endlosen Kandidaten- Spekulationen und die immer wieder verschobene Einigung auf einen Oppositions-Anwärter sorgen für wachsenden öffentlichen Verdruss.
Angesichts der Unentschlossenheit bei der Union sieht zumindest Rot-Grün wachsende Chancen, mit den Freien Demokraten ins politische Geschäft zu kommen. Falls die Liberalen die frühere Ausländerbeauftragte Cornelia Schmalz-Jacobsen ins Rennen schicken sollten, wäre ihr wohl eine Mehrheit jenseits der Union einigermaßen sicher. Seitdem Angela Merkel FDP-Chef Guido Westerwelle in dieser Woche mit ihrem Rückzieher bei einer großen Steuerreform tief verärgert hat, ist jedenfalls die Neigung in der FDP, einen eigenen Präsidenten-Kandidaten zu nominieren, spürbar gewachsen.