Bundestag stimmt über Griechenlandhilfen ab Linke will gegen Hilfspaket klagen

Eine breite Mehrheit für die Griechenlandhilfen ist sicher - auch wenn Schwarz-Gelb die symbolische Kanzlermehrheit erneut verpassen wird. Die Linke will gegen die direkte Geldüberweisung klagen.

Der Bundestag entscheidet heute über die neuen Milliardenhilfen für Griechenland. Drei Tage nach den Beschlüssen der internationalen Geldgeber stimmt das Parlament über die geplante Ausweitung des Rettungspakets ab. Ziel ist es, die neue Finanzlücke im Hilfsprogramm für Athen zu schließen und die Schuldenlast des krisengeschüttelten Landes zu senken.

Zu Beginn der Sitzung will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) eine Regierungserklärung abgeben und die Brüsseler Beschlüsse erläutern. Geplant sind unter anderem ein Schuldenrückkaufprogramm, Zinserleichterungen und längere Kreditlaufzeiten. Die Rettungsaktion führt erstmals zu Belastungen für den deutschen Staatshaushalt, die sich allein 2013 auf rund 730 Millionen Euro belaufen dürften.

Kanzlerin Angela Merkel kann trotzdem mit einer breiten Mehrheit rechnen. SPD und Grüne haben angekündigt, auch dem erweiterten Hilfspaket zuzustimmen. Schwarz-Gelb rechnet mit einer eigenen Mehrheit. Ob die Koalition auch die symbolisch wichtige Kanzlermehrheit erreicht, ist aber unsicher.

"Widerspricht der parlamentarischen Demokratie"

In der Unionsfraktion wird nach Angaben aus Koalitionskreisen damit gerechnet, dass mehr als zehn Abgeordnete mit Nein oder Enthaltung stimmen. Zudem werden mindestens fünf Parlamentarier wegen Krankheit oder aus anderen persönlichen Gründen fehlen. In einer Probeabstimmung hatte es am Mittwochabend 15 Nein-Stimmen und eine Enthaltung gegeben. Auch bei den Liberalen wird erwartet, dass mehrere Abgeordnete ihre Zustimmung verweigern. Will die Koalition die Kanzlermehrheit erreichen, darf sie sich maximal 19 Abweichler leisten.

Kritik kam vom CDU-Finanzexperten Manfred Kolbe, der das jüngste Griechenlandpaket als in der Sache "nicht mehr verantwortbar" sieht. Das von der Regierung gewählte rasche Abstimmungsverfahren, "widerspricht der parlamentarischen Demokratie", sagte er in einem Interview mit der "Leipziger Volkszeitung". Es sei "wie immer" in dieser Krise: "Die Finanzminister brauchen Monate, um sich über ein kompliziertes und kaum durchschaubares Griechenlandpaket zu verständigen und wir nicht mehr für voll genommene Abgeordnete sollen in wenigen Stunden zustimmen." Die Abgeordneten hätten den Antrag samt dreihundert Seiten Anlage erst am Mittwochabend erhalten.

Schäuble: "Niemand macht sich die Entscheidung leicht"

Schäuble betonte am Donnerstagabend in der ARD-Sendung "Beckmann", die Abweichler seien in der Minderheit. "Die große Mehrheit macht sich die Entscheidung nicht leichter als die, die anderer Meinung sind. Jeder Einzelne von uns ist bei der Entscheidung stark gefordert."

Der FDP-Bundestagsabgeordnete Lars Lindemann kündigte an, dass er die Ausweitung des Rettungspaktes an diesem Freitag im Bundestag ablehnen werde. Die aktuelle Diskussion zeige, dass die Hilfen selbstverständlich die deutsche Staatskasse belasten würden, sagte er. "Ich gehe nicht davon aus, dass kurz- und mittelfristig diese Lasten abnehmen", sagte der FDP-Abgeordnete, der sich schon wiederholt gegen den Euro-Kurs der Kanzlerin gestellt hat.

Zustimmung trotz Bedenken

Die SPD-Fraktion sprach sich am Donnerstag trotz heftiger Bedenken mit überraschend großer Mehrheit dafür aus, Merkels Rettungskurs weiter zu unterstützen. In einer Probeabstimmung votierten am Ende nur noch acht Abgeordnete mit Nein, 13 enthielten sich. Die Grünen plädierten in einer Probeabstimmung als einzige Fraktion geschlossen für das Hilfspaket. Nur die Linke wird dagegen stimmen.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Ihr Fraktionschef Gregor Gysi kündigte eine Klage gegen das Rettungspaket an. "Wir werden das dritte Griechenland-Paket in das laufende Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht einbringen", sagte Gysi der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Sowohl der Zinsschnitt als auch die geplanten Direktüberweisungen von Bundesbankgewinnen nach Griechenland, um damit Bankschulden zu tilgen, seien von den europäischen Verträgen nicht gedeckt.

DPA
swd/DPA