Bundestagspräsident Lammert kritisiert Merkels Informationspolitik

Bundestagspräsident Norbert Lammert übt laut "Süddeutscher Zeitung" heftige Kritik an der Informationspolitik von Kanzlerin Angela Merkel. In einem Schreiben wirft er ihr vor, sie gebe dem Parlament nicht genug Einblick in EU-Fragen.

Bundestagspräsident Norbert Lammert legt sich erneut mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an: In einem Brief beschwerte er sich bei ihr, sie habe den Bundestag über den geplanten Euro-Wettbewerbspakt nicht oder nicht genug informiert. Der Fall habe "grundsätzliche Bedeutung", was die "unmissverständliche Verfassungslage" angeht. Er sieht sich darin mit dem Ältestenrat einig. Die Kanzlerin ließ die Vorwürfe zurückweisen. Das Schreiben Lammerts lag der Nachrichtenagentur dpa am Freitag vor. Zuerst hatten darüber die "Süddeutsche Zeitung" und der "Tagesspiegel" berichtet.

"Wir sind als Bundesregierung der Meinung, dass wir den Bundestag absolut richtig informiert haben", sagte Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans am Freitag in Berlin. Wenn es Informationen gab, habe die Bundesregierung sie auch weitergeleitet. "Wir glauben, dass wir unserer Verpflichtung solide nachgekommen sind." Merkel habe Lammert bereits geantwortet. Am vergangenen Donnerstag habe es hierzu außerdem Gespräche gegeben.

Unmut unter Europapolitikern

Der CDU-Politiker Lammert warf Merkel vor, das Kanzleramt habe dem Parlament am 2. Februar nur zwei Seiten Informationen zum Euro-"Wettbewerbspakt" zukommen lassen, während Medien detailliert darüber berichteten. Damit werde dem Gesetz über die Zusammenarbeit in EU-Fragen nicht oder nicht genug Rechnung getragen, heißt es in dem Brief an Merkel. Dies habe zu Unmut vor allem unter Europapolitikern geführt. Dazu komme, dass die Bundestagsverwaltung das Kanzleramt schon am 1. Februar um Infos gebeten habe.

"Ich bitte Sie daher darum, die Informationen im konkreten Fall nachzuholen und sicherzustellen, dass die Bundesregierung den Deutschen Bundestag künftig "umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt" unterrichtet", schreibt Lammert unter Berufung auf Artikel 23, Absatz 2 im Grundgesetz.

Nicht das erste kritische Wort

Damit sorgte Lammert bei der CSU für Verärgerung. Ihr Europapolitiker Manfred Weber kritisierte: "Der Bundestagspräsident reitet auf formalen Fragen herum, während in der EU über die Zukunft unserer Währung und der Wirtschaftskraft Europas entschieden wird. (...) Es wäre besser, wenn der Bundestagspräsident und auch der SPD-Chef Gabriel der Kanzlerin nicht in den Rücken fallen, sondern sie für ihre Verhandlungen in Brüssel stärken."

Der Bundestagspräsident hat sich nicht zum ersten Mal kritisch zu Wort gemeldet. Lammert hatte den damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wegen der Plagiatsaffäre kritisiert. Im vergangenen Jahr gehörte er zu den Skeptikern der Hilfen für das angeschlagene Griechenland und des Euro-Rettungspaketes.

DPA
ins/DPA