Bundestagswahl Merz kommt vielleicht noch im September

Der Stern von Paul Kirchhof ist offenbar verblasst. Nicht nur, dass die Liberalen sein Steuerkonzept ablehnen: Auch Kanzlerkandidatin Angela Merkel findet wieder deutlich lobende Worte für den CDU-Finanzexperten Friedrich Merz.

Führende FDP-Politiker haben den Finanzfachmann im Wahlkampfteam der Union, Paul Kirchhof, für die Verluste von Union und FDP in Umfragen mit verantwortlich gemacht. "Es war ein Risiko, das möglicherweise größer war als der Nutzen", sagte der Ehrenvorsitzende der FDP, Otto Graf Lambsdorff, der "Berliner Zeitung" vom Montag zur Ernennung Kirchhofs zum Finanzexperten im Wahlkampfteam. Geschlossene, radikale Theorien seien schwer in der Politik umzusetzen. "Davon weiß Herr Kirchhof nicht allzuviel."

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Rainer Brüderle sagte im Deutschlandfunk zur Ursache der Stimmenverluste in Umfragen, dies liege auch an der von Kirchhof losgetretenen Steuerdebatte. Dies sei unüberlegt gewesen, da zunächst nicht klar gewesen sei, welchen Kurs die Union einschlagen wollte. Der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Bundestag, Wolfgang Gerhardt, sagte im ZDF, Kirchhof habe gute Vorstellungen entwickelt, allerdings ließen sich diese nicht in der kommenden Legislaturperiode umsetzen. Alle drei FDP-Politiker äußerten sich positiv über den CDU-Finanzexperten Friedrich Merz, über den sich Unionskanzlerkandidatin Angela Merkel lobend geäußert hatte.

Lambsdorff erklärte, eine Rückkehr von Merz in die Politik wäre eine Bereicherung. Merkel hatte Merz nach der Wahl 2002 vom Fraktionsvorsitz verdrängt. Später gab Merz auch seinen Posten als stellvertretender Fraktionschef auf. Am Wochenende vermied Merkel eine Antwort auf die Frage, ob sie Merz in eine Spitzenposition hole: "Gewinnen wir zunächst einmal die Wahl - und reden wir dann über Personalien."

"Unentbehrlich in der Spitzenmannschaft"

Nach dem öffentlichen Lob von CDU-Chefin Angela Merkel für Merz hat sich auch Parteivize Christian Wulff für eine Führungsrolle des Finanzexperten ausgesprochen. Niedersachsens Ministerpräsident sagte der "Bild"-Zeitung (Montag): "Mit Friedrich Merz wird ökonomische Kompetenz verbunden, denn den Bürgern ist wichtig, dass Politiker vorangehen, die ein Gesamtkonzept haben, wie Deutschland zu alter Stärke zurückfindet. Deswegen ist Friedrich Merz unentbehrlich in der Spitzenmannschaft der Union." Merkel, deren Verhältnis zu Merz als schwierig gilt, hatte am Wochenende eine Rückkehr des früheren Vize- Fraktionschefs angedeutet. "Ich freue mich, dass Friedrich Merz so engagiert Wahlkampf macht. Aber jetzt verteilen wir nicht das Fell des Bären, bevor er erlegt ist", hatte sie gesagt. Merkel bekräftigte jedoch, der Steuerexperte Paul Kirchhof solle trotz der Kritik auch aus den eigenen Reihen nach einem Wahlsieg Finanzminister werden.

Union und FDP, die eine Koalition nach der Bundestagswahl am Sonntag eingehen möchten, haben in jüngsten Umfragen ihre Mehrheit verloren. Meinungsforscher machen die Debatte über Kirchhof mit dafür verantwortlich. Die SPD hat eine Kampagne gestartet, die auf Kirchhof abzielt, der aus SPD-Sicht den Abbau sozialer Standards anstrebt. Kirchhof will das Unions-Programm umsetzen, will danach aber für einen einheitlichen Steuersatz von 25 Prozent und den Abbau von Subventionen kämpfen.

CSU sieht kaum Chancen für Kirchhof-Modell

CSU-Vize Horst Seehofer hat eine Einführung der von Kirchhof favorisierten Einheitssteuer in Höhe von 25 Prozent bis 2010 ausgeschlossen. "Ich sehe gar keine Möglichkeit dafür", sagte Seehofer der "Passauer Neuen Presse" (Montag). Für die Legislaturperiode bis 2009 gelte das Steuerkonzept der Union. "Danach wird es wieder ein Jahr dauern, bis man eine Weiterentwicklung des Steuerrechts angehen kann." Es sei wichtig, dass die Union vor der Wahl gerade in der Steuerpolitik eine "klare Botschaft" vermittle, sagte Seehofer. Eine Partei könne nicht mit zwei Steuerkonzepten antreten. Das Konzept der Union beinhaltet einen linear-progressiven Steuertarif zwischen 12 und 39 Prozent.

DPA · Reuters
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