Zwei-Prozent-Ziel Heer "nicht durchhaltefähig" – Bundeswehr kann laut Medienbericht Nato-Zusagen nicht erfüllen

Mehrere Soldaten der Bundeswehr sind von hinten zu sehen
Erst im März stellte die Wehrbeauftragte des Bundestags Eva Högl den Jahresbericht der Bundeswehr vor. Ihr Fazit: Es fehle an allem
© Axel Heimken / DPA
Eigentlich sollte der Wehretat der Bundeswehr bei zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen, so die Vereinbarung mit der Nato. Berichten zufolge ist diese Zusage kaum zu erfüllen, und das Heer sei "nicht durchhaltefähig".

Die Bundeswehr kann einem Medienbericht zufolge ihre Nato-Zusagen und Bündnisverpflichtungen nicht erfüllen. Die Einsatzbereitschaft der von Deutschland ab 2025 zugesagten Division könne nur "bedingt" hergestellt werden, berichtet die Bild-Zeitung (Dienstagsausgabe) in Berufung auf ein Schreiben des Inspekteurs des Heeres, Alfons Mais, an den Bundeswehr-Generalinspekteur. Selbst das Zusammenziehen der gesamten Heeresbestände könne dem Schreiben zufolge keine volle Ausstattung ermöglichen. 

Auch die Einsatzbereitschaft der zweiten Division, die die Bundeswehr ab 2027 bereitstellen will, ist laut dem Bericht "unrealistisch". Die Division werde "in 2027 nicht ausreichend mit Großgerät ausgestattet sein", zitiert die "Bild"-Zeitung den Inspekteur. 

Demnach droht sogar die Einsatzbereitschaft des gesamten Heeres weiter zu sinken. Ohne Gegensteuern werde "das Heer im hochintensiven Gefecht nicht durchhaltefähig bestehen und auch seine Verpflichtungen gegenüber der Nato nur eingeschränkt wahrnehmen können", wird Mais weiter zitiert. 

Sondervermögen für die Bundeswehr würde nicht ausreichen

Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl (SPD), hatte bei der Vorstellung ihres Jahresberichts 2022 Mitte März gesagt: "Die Bundeswehr hat von allem zu wenig." Sie mahnte damals deutlich mehr Tempo bei den Investitionen an. Auch das von der Ampel-Koalition bereitgestellte Sondervermögen reiche dafür nicht aus: "Die 100 Milliarden Euro allein werden nicht ausreichen, sämtliche Fehlbestände auszugleichen, dafür bedürfte es nach Einschätzung militärischer Expertinnen und Experten einer Summe von insgesamt 300 Milliarden Euro", so Eva Högl (mehr dazu können Sie hier lesen).

Verteidigungsminister Boris Pistorius geht nicht von einer baldigen Schließung der Ausrüstungslücken bei der Bundeswehr aus, er fordert deshalb im kommenden Haushaltsplan von Finanzminister Christian Lindner weitere zwölf Milliarden Euro. "Wir wissen alle, dass die vorhandenen Lücken bis 2030 nicht vollends geschlossen werden können. Deswegen müssen wir Prioritäten setzen", sagte der SPD-Politiker im April der "Welt am Sonntag". Eine dieser Prioritäten sei der Schutz der Ostflanke der Nato. "Für uns heißt das zunächst, bis 2025 eine vollständig ausgerüstete Division aufzubauen und zur Response Force der Nato angemessen beizutragen."

"Die Bundeswehr hat drei Aufgaben zu erfüllen: Landes- und Bündnisverteidigung sowie internationale Kriseneinsätze. Dafür braucht es Fähigkeiten, unterlegt mit Material und Personal", erklärte Pistorius im Blick auf den hohen Bedarf der Bundeswehr. Auch Waffenlieferungen an die Ukraine zur Unterstützung im Krieg gegen Russland haben Lücken bei der Bundeswehr gerissen. Pistorius hatte Ende Januar angekündigt, dafür Gespräche mit der Rüstungsindustrie zu führen.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Quellen:  Bundesverteidiungsministerium, Nachrichtenagenturen DPA + AFP

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mkb