Die CDU hat schnell reagiert: Noch am Montagmittag hatte Wolfgang Schäuble, Merkels Wunschkandidat für die Nachfolge von Friedrich Merz, der CDU-Chefin abgesagt. Am Montagnachmittag schon präsentiert die Partei die Nachfolger für den Wirtschafts- und Finanzfachmann aus dem Sauerland. Die beiden CDU-Politiker Ronald Pofalla und Michael Meister werden gemeinsam die Nachfolge von Merz antreten. Das bestätigte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Volker Kauder. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel hatte die Personalentscheidung dem geschäftsführenden Vorstand präsentiert.
Michael Meister
Der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, Michael Meister (CDU), wurde seit längerem als Nachfolger für Friedrich Merz im Amt des Fraktionsvizes für den Bereich Finanz-, Haushalts- und Wirtschaftspolitik gehandelt. Der Abgeordnete aus Hessen gilt als Finanzexperte, als Fachmann für Wirtschaftsfragen trat er bisher indes weniger auf. Er gilt zugleich als Intimus des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU). Die Arbeitsgruppe Finanzen der Unions-Bundestagsfraktion leitet der Diplommathematiker aus dem südhessischen Bensheim seit zwei Jahren.
Pofalla, 45, ist Justiziar der Unionsfraktion. Der 43 Jahre alte Meister war bisher als finanzpolitischer Sprecher in Erscheinung getreten. Pofalla gilt als loyal zu Merkel und ist ausgewiesener Finanz- und Steuerexperte.
Schäuble habe sein Nein damit begründet, dass er auf dem wichtigen Feld der Außen- und Sicherheitspolitik Gegenspieler von Außenminister Joschka Fischer (Grüne) bleiben wolle, sagte Merkel am Montag nach einer Präsidiumssitzung ihrer Partei. "Wolfgang Schäuble meint, dass er der Fraktion und mir mehr helfen kann, wenn er in dieser Position ist." Nach Teilnehmerangaben hat Merkel in der Sitzung erkennen lassen, dass die Aufgaben des zum Jahresende als Fraktionsvize ausscheidenden Merz geteilt werden könnten. In der CDU hieß es, als Nachfolger seien die Abgeordneten Karl-Josef Laumann und Michael Meister denkbar.
Schäubles Verhältnis zu Merkel gilt als gespannt
Nach Angaben aus der Union hat Merkel mit Schäuble seit Freitag mehrfach telefoniert, ihn aber nicht für die Merz-Nachfolge gewinnen können. Schäubles Verhältnis zu Merkel gilt schon seit langem als gespannt. In der Union hatte es immer wieder geheißen, Schäuble sei darüber verärgert, dass die CDU-Chefin nicht nachdrücklich dafür eingetreten sei, ihn als Nachfolger von Bundespräsident Johannes Rau durchzusetzen. Merkel trat dem Eindruck entgegen, die Absage habe mit persönlichen Grünen zu tun. Schäuble habe seine Gründe in freundschaftlichen Gesprächen dargelegt, die Gründe erschienen ihr plausibel.
Ronald Pofalla
Ronald Pofalla fiel bisher kaum als Unionsmann aus der ersten Reihe auf. Der Rechtsanwalt und Sozialpädagoge gilt aber als exzellenter Strippenzieher im Berliner Politikbetrieb. Pofalla kommt wie Noch-Fraktionsvize Friedrich Merz aus Nordrhein-Westfalen. Der 45-Jährige gehört zum Führungszirkel im größten CDU-Landesverband. Vor der NRW-Wahl im Mai 2000 hatte ihn CDU-Landeschef Jürgen Rüttgers ins Wahlkampfteam berufen. Pofalla sollte nach einem CDU-Sieg Justizminister werden. Der CDU trat Pofalla bereits im Alter von 16 Jahren bei. Im Bundestag sitzt er seit 1990. Pofalla wird absolute Loyalität gegenüber Fraktionschefin Angela Merkel nachgesagt. Aber auch zu Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) hat er gute Drähte: Als Rechtsanwalt gehört Pofalla der Kanzlei an, die Kohl in der CDU-Spendenaffäre verteidigte.
Für Merkel ist die Absage Schäubles auch deshalb schmerzlich, weil die Parteichefin damit weiter Schwierigkeiten hat, die Lücke zu füllen, die Merz hinterlässt. Zwar hieß es in der CDU, nun könnte der Arbeitsmarktexperte Laumann für die Themen Wirtschaft und Arbeit und der finanzpolitische Sprecher Michael Meister für Haushalt und Finanzen zum Zuge kommen. Beide gelten in der Union aber längst nicht so profiliert wie Schäuble oder Merz. Merkel sagte, sie wolle am Mittag mit dem Fraktionsvorstand die Nachfolge von Merz besprechen, der in der vergangenen Woche seinen Rückzug angekündigt hat und dessen Verhältnis zu Merkel ebenfalls als belastet gilt.
Im Streit mit der CSU über den Kurs in der Gesundheitspolitik rief Merkel die Schwesterpartei indirekt zur Kompromissbereitschaft auf. "Es gibt das überwältigende Bedürfnis, sich mit dem politischen Wettbewerber zu befassen", sagte Merkel. In der Präsidiumssitzung hat Merkel die Erwartung für einen schnellen Konsens nach Teilnehmerangaben gedämpft und erneut bekräftigt, dass die Kernforderungen der CDU nicht verhandelbar seien. Verschiedene Zeitungen hatten zuvor berichtet, es gebe deutliche Annäherungen zwischen beiden Parteien.

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"Haben festgestellt, dass das kein Thema ist"
Verärgerung habe es in der Sitzung erneut über die Äußerung von Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) gegeben, der am Wochenende erklärt hatte, er vermute hinter den Attacken gegen Merkel ein Intrige. Insbesondere Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff habe seinem Unmut Luft gemacht. Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust hatte die Aussagen von Wulff schon vor der Sitzung als "dummes Zeug" bezeichnet. Althaus selbst nahm an der Sitzung nicht teil. Merkel selbst sagte nach der Präsidiumssitzung zu den Spekulationen über ein Komplott: "Wir haben festgestellt, dass das kein Thema ist."