Nach Angaben der Online-Ausgabe der "Berliner Zeitung" wusste Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier seit mehr als einem Jahr vom Fall al Masri. Die "Berliner Zeitung" berichtete am Mittwoch in ihrer Online-Ausgabe, das für die Kontrolle der Nachrichtendienste zuständige PKG sei bereits vor mehr als einem Jahr über die Ermittlungen des Bundesnachrichtendienstes in dieser Sache unterrichtet worden. Der deutsche Auslandsgeheimdienst war demnach im Auftrag des Kanzleramtes tätig geworden, nachdem al Masris Anwalt im Juni 2004 die Bundesregierung um Aufklärung der Entführung seines Mandaten gebeten habe. Al Masri war Ende 2003 in Mazedonien festgenommen worden. Nach seinen Aussagen wurde er für die Dauer von fünf Monaten in ein geheimes Gefängnis in Afghanistan gebracht.
Der Fall al Masri war laut Bundeskanzlerin Angela Merkel auch bei dem Besuch von US-Außenministerin Condoleezza Rice in Berlin zur Sprache gekommen. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier soll nun demnächst als Mitglied der alten Bundesregierung das PKG über den Fall informieren. Steinmeier war während der rot-grünen Regierungszeit Kanzleramtschef. Ihm und anderen früheren Ministern der Regierung unter Gerhard Schröder wird vorgeworfen, sie hätten Gefangennahmen und -transporte von Terrorverdächtigen durch die CIA in Europa stillschweigend gebilligt. Steinmeier hat mitgeteilt, dass er seit mehr als einem Jahr vom Fall al Masri wusste.
Unverminderte Kritik an CIA-Gefängnissen
Bei ihrem Besuch in Brüssel in dieser Woche muss sich US-Außenministerin Condoleezza Rice wohl auf kritische Fragen zu den CIA-Geheimgefängnissen in Europa einstellen. Ihre bisherigen Antworten seien nicht befriedigend, sagte der niederländische Außenminister Ben Bot am Dienstag vor dem Parlament in Amsterdam der Nachrichtenagentur ANP zufolge. Er erwarte daher am Donnerstag eine lebhafte Diskussion mit Rice und den Außenministern der Nato-Staaten. Die USA haben Berichte, wonach der US-Geheimdienst CIA Geheimgefängnisse für Terrorverdächtige in einzelnen europäischen Staaten unterhält, bislang weder dementiert noch bestätigt. Auch Rice äußerte sich bei ihren Besuchen in Deutschland und Rumänien in dieser Woche dazu nicht direkt.
Ex-CIA-Chef verklagt
Im Fall des angeblich von den USA entführten aus dem Libanon stammenden Deutschen Khaled al Masri hat die US-Bürgerrechtsorganisation ACLU inzwischen Klage gegen die CIA eingereicht. Im Auftrag von al Masri wirft ACLU dem früheren CIA-Chef George Tenet und zehn weiteren ehemaligen und derzeitigen Mitarbeitern der Behörde vor, den 42-Jährigen entführt und damit gegen US-Recht und Menschenrechtskonventionen verstoßen zu haben. Al Masri war die Einreise in die USA am Wochenende noch verwehrt worden. Dieses Problem sei inzwischen aber gelöst worden und er könne einreisen, teilte ein US-Regierungsvertreter am Abend mit.
Al Masri gab an, die USA hätten ihn Ende 2003 in Mazedonien festgenommen und in ein Geheimgefängnis nach Afghanistan gebracht, wo er fünf Monate lang als Terrorverdächtiger verhört worden sei. Er selbst bezeichnete sich als unschuldig. Auf der ACLU-Pressekonferenz in Washington - zu der er per Satellit aus Stuttgart zugeschaltet war - erklärte er: "Ich möchte wissen, warum sie mir das angetan haben und wie es dazu kam. Ich glaube nicht, dass ich noch der Mensch bin, der ich einmal war."