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Pandemie-Politik im Superwahljahr Halbe Sachen statt harter Lockdown: Warum wir vom Corona-Gipfel nichts mehr erwarten dürfen

Mit einer verhängnisvollen Mischung aus Zögerlichkeit und Ignoranz haben sich Bund und Länder in eine Sackgasse manövriert. Das wird rund um die neuerlichen Beratungen über das weitere Verfahren in der Pandemie besonders deutlich.

An Tagen wie diesen fragt sich der geduldige Gutbürger, warum sich die Großkopferten der Bundes- und Länderpolitik eigentlich überhaupt noch zu ihrer regelmäßigen Corona-Konferenz treffen. 

Denn: Es ist doch eigentlich alles klar – dafür reicht schon der Blick auf die aktuelle Schlagzeilenlage.

Ein paar Kostproben:

Stimmung und Lage in ihrer Branche seien katastrophal, sagt zum Beispiel die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), Ingrid Hartges. Gleichzeitig betont die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) die Gefahr einer zu schnellen Öffnung der Gastronomie und der Hotels: "Das Gastgewerbe darf nicht zum Experimentierfeld beim Umgang mit neuen Gefahren werden", sagt NGG-Chef Guido Zeitler der Zeitung "Rheinische Post" angesichts der Ausbreitung der Coronavirus-Mutationen.

Schwesig will die Schulen öffnen – Lehrer sind vorsichtig

Währenddessen will zum Beispiel Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig so schnell wie möglich die Schulen aufmachen – wovor der Lehrerverband ausdrücklich warnt: "Gerade angesichts der schwer kalkulierbaren Gefahren durch die Virusmutation müssen wir bei der Öffnung der Schulen vorsichtig vorgehen", sagte Präsident Heinz-Peter Meidinger dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Nun soll die Öffnung den Ländern selbst überlassen werden.

Von der Kultur spricht derweil natürlich weiter keiner, das hat in der Pandemie schon Tradition. Stattdessen ist aber plötzlich die vorzeitige Öffnung einer mindestens ebenso hautnahen Branche im Gespräch: Die Friseure sollen schon Anfang März wieder öffnen, während Theater, Konzerthallen, aber auch der Einzelhandel weiter dicht bleiben müssen.

Also eigentlich alles klar – oder?

Entschuldigung, ein bisschen Polemik lässt sich inzwischen leider kaum noch vermeiden. Aber im Ernst: "Wir sind gerade in der schwierigsten Phase der Pandemie", sagt Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann mit charmanter Untertreibung. Denn tatsächlich fragt sich der geduldige Gutbürger an Tagen wie diesen, warum sich die Großkopferten der Bundes- und Länderpolitik eigentlich überhaupt noch zu ihrer regelmäßigen Corona-Konferenz treffen? 

Denn: Es bringt doch eh alles nichts.

Zumindest fällt es vielen Bürgern zunehmend schwer, nicht zu diesem tristen Fazit zu gelangen. Weil sich die Corona-Politik mit einer verhängnisvollen Mischung aus Zögerlichkeit und Ignoranz längst in eine Sackgasse manövriert und das Land auf US-Pandemie-Niveau gedrosselt hat, geraten die regelmäßigen Bund-Länder-Debatten längst zur Quadratur des Kreises. Kurz gesagt: Die Debatte über Lockerungen – oder Verschärfungen – ist völlig außer Kontrolle. Und sie wird längst von persönlichen Eitelkeiten und Machtansprüchen geprägt.

Halbgare Beschlüsse: Corona-Politik im Superwahljahr

Mit Beginn des Jahres 2021 gesellt sich zur Inkompetenz nämlich noch ein verhängnisvoller Zusatzfaktor: Es ist Wahljahr. Weshalb in den nächsten Monaten zwar kaum mit Öffnungsperspektiven, dafür aber vermehrt mit leeren Versprechungen und fachfremden Meinungsbeiträgen zu rechnen sein wird.

Während die meisten Wissenschaftler und Virologen auch angesichts der drohenden dritten Welle und einer Verbreitung der Mutationen auf einen harten Lockdown als einziges Mittel zur schnellen Eindämmung drängen, schert sich der Föderalismus nicht um Expertenmeinungen, sondern versucht auf ungelenke Weise, es von der Wirtschaft bis zu den berufstätigen Eltern irgendwie allen recht zu machen – und wird so, Überraschung, am Ende niemandem gerecht.

Und so werden auch heute wieder halbgare Beschlüsse gefasst werden, die suggerieren sollen, dass man "auf Sicht" fährt, obwohl die Vollbremsung längst angeraten ist, um nicht im Schritttempo Richtung Abgrund zu eiern. Schwacher Trost: Wer möchte, wird beim Sprung von der Klippe wenigstens einigermaßen gut frisiert sein.

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