CSU Seehofer redet sich um Kopf und Kragen

Horst Seehofer möchte gerne CSU-Vorsitzender werden, doch was er zurzeit in Interviews von sich gibt, sorgt in der Partei für Verwirrung, sogar Entsetzen.

Im Zweikampf um den CSU-Vorsitz redet sich Parteivize Horst Seehofer um Kopf und Kragen - zumindest nach Einschätzung seiner Parteifreunde. Seehofers Chancen, aus dem Wettrennen mit Wirtschaftsminister Erwin Huber um den Parteivorsitz siegreich hervorzugehen, sinken mit jedem weiteren Interview.

Zuerst löste die Andeutungen von Enthüllungsdrohungen im stern- Interview einen Sturm der Empörung aus. Am Montag folgte ein Gespräch mit der "Bunten". "Meine Kampfeslust ist uneingeschränkt und auch Edmund Stoiber hat sich, entgegen anderer Aussagen, klar für mich erklärt", zitierte die Illustrierte den Landwirtschaftsminister. Damit war Stoiber geradezu gezwungen, Seehofer öffentlich in die Schranken zu weisen. Denn der Eindruck der Kungelei mit Seehofer wäre auch für Stoiber brandgefährlich.

Überlebt Seehofer politisch?

Anschließend erklärte Seehofer, sich nie zum Stoiber-Favoriten erklärt zu haben. Die Illustrierte blieb hart. "Wir stehen Wort für Wort dazu und nehmen nichts zurück", sagte Vize-Chefredakteur Sebastian Graf von Bassewitz. In der CSU verfolgen viele das Spektakel um Seehofer - eigentlich Liebling der Basis - besorgt, verwundert und konsterniert. "Das Entsetzen über diese Entwicklung des hoch geschätzten Herrn Seehofer, das macht fast sprachlos", sagte der Chef des Hochschulausschusses im Landtag, Ludwig Spaenle. Ob Seehofer das Drama politisch überlebt, gilt inzwischen als fraglich.

Seehofer hat in der Auseinandersetzung mit seinem Konkurrenten Erwin Huber immer auf das große Finale vor dem CSU-Parteitag am 29. und 30. September gesetzt. Am Ende könne vielleicht sogar eine Rede den Ausschlag geben, sagte er mehrfach. Seehofer versuchte zudem, sich als wahren Getreuen Stoibers darzustellen und so dessen Gefolgsleute auf seine Seite zu ziehen. Doch Stoiber musste jedem Versuch widersprechen, öffentlich als Parteigänger Seehofers geoutet zu werden. Denn Stoiber hat sich als neutraler Schiedsrichter positioniert - als oberster Wächter eines fairen Wettbewerbs. "Er wird sich auch weiterhin weder von der einen noch von der anderen Seite vereinnahmen lassen", sagte ein CSU-Sprecher.

Stoiber musste widersprechen

Hätte Stoiber Seehofer nicht öffentlich widersprochen, wäre der scheidende Ministerpräsident selbst erneut Gegenstand der Empörung geworden. Das Verhältnis Stoibers zu größeren Teilen der CSU- Führungsriege ist ohnehin gespannt. Mit einer Verletzung der Neutralität zu Gunsten Seehofers hätte Stoiber die Gefolgsleute des Tandems Erwin Huber und Günther Beckstein massiv gegen sich aufgebracht. Stoiber hätte sich zudem möglicherweise auch in den Ruch gebracht, selbst mit Seehofer das ungeliebte Tandem ausspielen zu wollen, überlegt ein CSU-Landtagsabgeordneter. So gab Stoiber dann auch keine Wahlempfehlung für Seehofer ab: "Der CSU-Chef schätzt beide Kandidaten", sagte der Sprecher.

Mit seinen Interview-Äußerungen liefert Seehofer seinen Kritikern und Gegnern derzeit Steilvorlagen. Sie werfen ihm vor, zuerst Interviews zu geben und anschließend die Äußerungen wieder zu relativieren. Der Landtagsabgeordnete Spaenle attestierte Seehofer inzwischen schon "Realitätsverlust". Nur in einem sind sich alle einig: Den Schaden nimmt die CSU.

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Carsten Hoefer/DPA