Politiker und ihre Dienstwagen - das ist eine fast unendliche Geschichte von Skandalen, die von überbordender Privatnutzung über falsche Versteuerung bis hin zu extravaganten Ausstattungswünschen reicht. Jüngstes-Beispiel: Wegen eines einzigen Fotos hat die NRW-Grünen-Politikerin Sylvia Löhrmann jetzt eine Diskussion losgetreten, obwohl sie nach eigenem Bekunden in ihren Dienstwagenangelegenheiten alles richtig macht. Aber der Reihe nach:
Kommt die nächste Dienstwagenaffäre?
Thomas Osterfeldhaus ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im nordrhein-westfälischen Landtag und sitzt für die CDU im Stadtrat von Bocholt im Münsterland. Am Montag teilte er auf Facebook ein Foto, auf dem eine große schwarze Limousine und ein weißer Kleinwagen (im Halteverbot) zu sehen sind. Kommentiert hat der 33-Jährige das Bild süffisant mit den Worten: "Sich im dicken Audi A8 nach Düsseldorf fahren lassen und dann schnell - in der Hoffnung, dass es keiner merkt - ins umweltfreundliche Hybrid-Auto umsteigen. Hoch lebe die grüne Doppelmoral! Kleiner Tipp an Frau Löhrmann: Beim nächsten Mal das Fahrzeug vielleicht besser in der Tiefgarage wechseln."
Der Vorwurf ist klar: Sylvia Löhrmann, grüne NRW-Bildungsministerin, stellvertretende Ministerpräsidentin und Spitzenkandidatin ihrer Partei für die kommende Landtagswahl lässt sich bequem in der spritschluckenden Oberklasse-Limousine des Ingolstädter Herstellers durchs Land chauffieren, steigt aber für ihren Wahlkampf in den kompakten Öko-Hybridwagen um. Wasser predigen und Wein trinken, Greenwashing par excellence.
Greenwashing-Vorwurf gegen Sylvia Löhrmann
Der Facebook-Post wurde inzwischen fast 9000 Mal geteilt, bei Twitter macht das Foto ebenso die Runde - die Reaktionen: zwischen Empörung und Achselzucken.
Auch die angegriffene Sylvia Löhrmann reagiert und bestätigt damit indirekt, was auf dem Bild eigentlich überhaupt nicht erkennen ist - nämlich, dass es tatsächlich sie ist, die vom A8 auf den Toyota Prius umsteigt. Und sie liefert eine nachvollziehbare Begründung: "Saubere Trennung zwischen Ministerinnen-Dienstwagen und Wahlkampfauto."
Osterfeldhaus akzeptiert die Begründung, stichelt aber noch einmal nach: "Warum nicht in beiden Fällen ein unweltfreundlicheres Hybrid-Auto?" Auch dafür hat Löhrmann eine Begründung:
Fakt ist: Löhrmanns Parteikollege, NRW-Umweltminister Remmel, testet einem "Bild"-Bericht zufolge zwar einen 215-PS-Elektro-Tesla in einer Behörde, die nordrhein-westfälische Landesregierung steht in Sachen "umwelfreundliche Dienstwagen" trotzdem alles andere als gut da:
Die schmutzigsten Dienstwagen hat Bayern
Im jüngsten Dienstwagencheck 2016 der Deutschen Umwelthilfe landet NRW auf dem drittletzten Platz unter den 16 Ländern - zu viele Diesel-Fahrzeuge sind in der Flotte der Landesregierung, zu hoch ist der CO2-Ausstoß. Gleichauf liegt Hessen, Schlusslicht in der Auswertung ist Bayern - beide Länder werden von Osterfeldhaus' Union regiert.
In den sozialen Netzwerken hagelt es ungeachtet der Fakten und Begründungen weiter Doppelmoralvorwürfe gegen die Ministerin. Dennoch: Das Zeug zur Dienstwagenaffäre 2.0 hat diese Wahlkampfposse eher nicht.
