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stern und ZDF exklusiv Dieser Dschihadist arbeitete als V-Mann

Irfan Peci war Chef eines Propagandaarms der al-Qaida, arbeitete später als V-Mann. Jetzt erhebt er in einem Buch schwere Vorwürfe gegen den deutschen Verfassungsschutz.

Die Vorwürfe sind klar formuliert und keine Kleinigkeiten. Deutschlands Inlandsgeheimdienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), soll eine Straftat vertuscht haben. Zudem soll das BfV Terror-Unterstützer mit Geld ausgestattet haben. So steht es in dem neuen Buch "Der Dschihadist", das der deutsche Staatsbürger Irfan Peci aus Weiden in der Oberpfalz geschrieben hat. Peci ist ein ehemaliger Islamist. Und er arbeitete als V-Mann deutscher Sicherheitsbehörden. stern und das ZDF berichten exklusiv über die Vorwürfe gegen den Verfassungsschutz.

Irfan Peci war Deutschland-Chef der Globalen Islamischen Medienfront, die im deutschsprachigen Raum mit Terrorbotschaften und Drohvideos im Internet Propaganda für al-Qaida gemacht hat. 2009 wurde er vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) als V-Mann angeworben. Peci war einer der wichtigsten und bestbezahlten Quellen in der deutschen Islamistenszene.

Geld vom Verfassungsschutz ging an al-Qaida

Von Winter 2009 bis Herbst 2010 lieferte der Bayer regelmäßig Informationen über Terrorverdächtige in Berlin. Unter den Personen, die er im Auftrag des BfV ausspionierte, waren Mitglieder der sogenannten "Berliner Gruppe" und der "Deutschen Taliban Mujaheddin" (DTM). Manche von ihnen kämpfen heute für den "Islamischen Staat" (IS).

"Der Dschihadist. Terror made in Germany"

Das Buch von Irfan Peci erscheint im Heyne Verlag. Peci schrieb es gemeinsam mit Johannes Gunst und stern-Reporter Oliver Schröm.

Um ihr Vertrauen zu gewinnen, so Irfan Peci im ZDF und gegenüber dem stern, habe er damals vom Verfassungsschutz "Extrageld" erhalten. Dieses Geld sei dann als Spende an einen Kontaktmann von Al-Qaida gegangen. Er habe sich gefragt, wie sich das miteinander vereinbaren ließ, "einerseits die Bekämpfung" des Terrorismus, "andererseits diese Finanzierung", sagte Peci.

Die Unterstützung von Terroraktivitäten durch staatliche Gelder wäre ein Rechtsbruch. Nach der sogenannten "Dienstvorschrift für die Beschaffung" des Bundeamtes für Verfassungsschutz müssen sich V-Leute, genau wie die Behörde selbst, an Recht und Gesetz halten.

US-Bürger zusammengeschlagen – der Verfassungsschutz regelt das

Im ZDF und im stern berichtet der V-Mann auch, dass er im Sommer 2010 gemeinsam mit Freunden aus der Islamistenszene im Berliner Bahnhof Friedrichstraße einen US-Soldaten zusammenschlug und verletzte. Peci und die Mittäter konnten entkommen.

Sein V-Mann-Führer vom Verfassungsschutz, so der heute 26-jährige Peci, sei "nicht erfreut" gewesen, habe aber dafür gesorgt, dass die Straftat ungesühnt blieb, um die Tarnung des V-Manns nicht zu gefährden: "Dann hat er schließlich gesagt: ‚Ja, das haben wir schon mit der Polizei geklärt. Da haben wir uns unterhalten. Da kommt nichts mehr. Das wird nicht weiter verfolgt'."

Als der stern vergangenes Jahr - ohne Peci beim Namen zu nennen - Bundespolizei und Berliner Polizei um Auskunft bat, erhielt er Antworten. Laut Bundespolizei ereignete sich am 2. Juli 2010 im Bahnhof Friedrichstraße eine Gewalttat, die zu Pecis Schilderung passt. Laut Bundespolizei, formal zuständig, waren die "unbekannten Täter" zu viert, das Opfer wurde verletzt ins Krankenhaus gebracht. Ob es sich tatsächlich um einen "US-Staatsangehörigen" handelt, könne man "nicht mit absoluter Gewissheit sagen". Der Vorgang sei "direkt vor Ort" von der Berliner Polizei übernommen worden.

Vorgangsnummer in Polizeiakte plötzlich nicht mehr auffindbar

In den Akten der Bundespolizei findet sich eine entsprechende Vorgangsnummer. Genau diese Nummer ist bei der Berliner Polizei jedoch nicht mehr auffindbar – obwohl sie von der Polizei Berlin offenbar selbst angelegt und lediglich zu "statistischen Zwecken" (so ein Sprecher der Berliner Polizei) an die Bundespolizei zurückgemeldet wurde. Sollten Informationen auf Druck entfernt worden sein, hätten sich Verfassungsschützer der Strafvereitelung schuldig gemacht.

Irfan Peci wurde im Februar 1989 in Bosnien geboren. Er kam 1991 mit seiner Familie nach Deutschland und wurde später deutscher Staatsbürger. Nach eigenen Angaben möchte er mit seinem Buch vor dem Islamismus warnen und sich am Kampf gegen die Radikalisierung junger Muslime in Deutschland beteiligen.

Mehr über das Doppelleben ...

... des ehemaligen V-Manns lesen Sie in einer sechsseitigen Reportage im neuen stern, der ab Mittwoch, 18 Uhr, als E-Mag erhältlich ist, ab Donnerstag am Kiosk. Das ZDF berichtet in heute, heute journal, heute+ und auf heute.de.

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