Fall Kurnaz Steinmeier bekommt Rücken gestärkt

In der Kurnaz-Affäre hat die SPD-Spitze ihrem Parteigenossen Steinmeier den Rücken gestärkt. Nach Ex-Innenminister Schily stellte sich auch Vize-Kanzler Müntefering hinter den Außenminister und warnte vor "unangemessenen Urteilen".

In der Affäre um den ehemaligen Guantànamo-Häftling Murat Kurnaz hat Vizekanzler Franz Müntefering Außenminister Frank- Walter Steinmeier (beide SPD) den Rücken gestärkt. Er gehe davon aus, dass Steinmeier noch bis "mindestens" 2009 Außenminister bleiben werde, sagte Müntefering am Sonntag im Deutschlandfunk. Ein Rücktritt wäre auch "nicht angemessen". Der unter Druck geratene Steinmeier, seinerzeit Kanzleramtschef der rot-grünen Bundesregierung, verteidigte die Entscheidung, den aus Bremen stammenden Türken 2002 nicht nach Deutschland zurück zu lassen. "Ich würde mich heute nicht anders entscheiden", sagte er dem "Spiegel". Auch der damalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) bestritt jegliche Fehler.

Scharfe Kritik der Opposition

Der frühere Koalitionspartner Grüne und die FDP kritisierten Steinmeier scharf und forderten eine Aussage des Ministers im BND- Untersuchungsausschuss möglichst noch im Februar. Dies ist bisher für März vorgesehen. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer warf Steinmeier in einem dpa-Gespräch vor: "Wenn er sagt, er habe keinerlei Fehler gemacht, dann ist das das Unglaubwürdigste, was man sagen kann." Der FDP-Obmann im BND-Untersuchungsausschuss, Max Stadler, sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS): "Ich verstehe nicht die Sturheit, mit der Steinmeier auf seiner Position beharrt - das ist inakzeptabel." FDP-Chef Guido Westerwelle warf ihm in der "Welt am Sonntag" eine "erschreckende Uneinsichtigkeit im Hinblick auf Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit" vor.

Müntefering sagte: "Ich glaube, dass da in den vergangenen Tagen und Wochen mit einem besonderen Eifer versucht worden ist, Urteile und Vorurteile zu sprechen, die völlig unangemessen sind." Steinmeier habe seine Position deutlich gemacht. "Und ich bin da voll bei ihm und wir alle, und ich denke, auch die ganze Bundesregierung."

Steinmeier verteidigt Entscheidung

Steinmeier begründete die Entscheidung erneut damit, dass Kurnaz kurz nach dem 11. September 2001 als Sicherheitsrisiko gegolten habe. "Man muss sich ja nur vorstellen, was geschehen würde, wenn es zu einem Anschlag gekommen wäre, und nachher stellte sich heraus: Wir hätten ihn verhindern können", sagte er dem "Spiegel".

Der in Bremen geborene Türke Kurnaz war im November 2001 in Pakistan festgenommen und US-Soldaten in Afghanistan übergeben worden. Im Februar 2002 wurde er nach Guantànamo gebracht, wo er bis August 2006 saß und nach eigenen Angaben auch gefoltert wurde. Die USA warfen ihm Mitarbeit im Terrornetzwerk El Kaida vor, was nie bewiesen und von Kurnaz immer bestritten wurde.

Schily nahm Steinmeier ausdrücklich in Schutz: "Er hat sich im Fall Kurnaz völlig korrekt verhalten." Auch er betonte in der "Bild am Sonntag", nach den Erkenntnissen aller mit dem Fall befassten Behörden habe es im Fall Kurnaz erhebliche Sicherheitsbedenken gegeben. Dem widersprach das Grünen-Mitglied im BND- Untersuchungsausschuss, Hans-Christian Ströbele. Aus den vorliegenden Akten ergäben sich keine Sicherheitsgründe, sagte er der "Welt am Sonntag".

DPA
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