Gastbeitrag "Entschieden ist noch nichts"

Wer gewinnt die Landtagswahl in Hessen? Laut einer stern-Umfrage verliert Ministerpräsident Roland Koch zwar drastisch, kann aber mit der FDP weiterregieren. Für stern.de analysiert Ex-Grünen-Politiker Hubert Kleinert, was das Ergebnis für Koch, die SPD und den Wahlausgang bedeutet.

Würden die Hessen jetzt wählen, käme die CDU laut der jüngsten Forsa-Umfrage von stern und "Frankfurter Rundschau" auf 41 Prozent der Stimmen. Sie verlöre so acht Prozentpunkte gegenüber der vergangenen Wahl vor fünf Jahren. Die SPD käme auf 30 Prozent - und würde sich gegenüber 2003 um einen Prozentpunkt verbessern. Die Grünen würde elf Prozent erzielen, die FDP neun Prozent, die Linke fünf Prozent. CDU und FDP würden gemeinsam 50 Prozent der Stimmen einfahren - sie könnten regieren.

Der tatsächliche Ausgang der Landtagswahl am 27. Januar 2008 wird sehr stark davon abhängen, welche der beiden Seiten ihre potentielle Anhängerschaft besser mobilisieren kann. Dabei dürfte nach diesen Daten die SPD die größeren Probleme haben. So spricht doch manches für einen knappen Wahlsieg von CDU und FDP - bei deutlichen Verlusten der Christdemokraten. Aber entschieden ist das noch nicht. Zumal nach allen vorliegenden Daten diverser Befragungen niemand sagen kann, ob die Linkspartei es schaffen wird oder nicht.

Zur Person

Hubert Kleinert, Professor für Politikwissenschaft an der Fachhochschule für Verwaltung des Landes Hessen in Wiesbaden, analysiert für stern.de die aktuelle Forsa-Umfrage zu Hessen. Kleinert saß in den 80er Jahren als einer der ersten Abgeordneten für die Grünen im Bundestag und war damals ein Vordenker von rot-grünen-Bündnissen. www.vfh-hessen.de/A_Giessen/Dozenten_V/kleinert.htm

Die Forsa-Umfrage zeigt, dass es in Hessen knapp werden kann, sollte der Linkspartei der Einzug in den Landtag gelingen. Vor allem zwei Faktoren machen der CDU-Landesregierung dabei zu schaffen: Die hohe Unzufriedenheit über die Bildungspolitik sowie die erstaunlich schlechte Bewertung der Landesregierung in der Beamtenschaft. Wahrscheinlich spielen hier nicht nur die Lehrer eine Rolle, sondern die Stimmung im Öffentlichen Dienst insgesamt. Dass die Landesbeamten mehr arbeiten müssen und gleichzeitig weniger verdienen, wird der Landesregierung offensichtlich anhaltend übel genommen.

Ministerpräsident Roland Koch (CDU) ist auch neun Jahre nach dem Machtwechsel keine Integrations-, sondern eine Polarisierungsfigur. Er hilft der CDU bei der Mobilisierung des eigenen Lagers, ist aber zugleich eine Reizfigur für die politischen Gegner geblieben. Trotz aller schwarz-grünen Auflockerungen der politischen Lager, die es auf der kommunalen Ebene in Hessen in den letzten Jahren gegeben hat, sieht es so aus, als fände in Hessen ein landespolitisch anderswo inzwischen fast anachronistisch gewordener "Lagerwahlkampf" statt. So wäre nach den vorliegenden Daten eine Ampelkoalition von SPD, FDP und Grünen praktisch nicht zu machen, weil die FDP-Anhänger ihre Partei eindeutig fest an der Seite der CDU sehen.