Neun Bundestagsabgeordnete treffen sich im Zwei-Wochen-Rhythmus in einem abhörsicheren und fensterlosen Raum. Dort im Keller des Bundestags informieren sie die zuständigen Ämterchefs über die Arbeit der Geheimdienste. Die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) hören zu. Das ist alles.
Es gibt keine Tagesordnung und auch sonst nicht Schriftliches. Notizen dürfen sich die Parlamentarier ebenfalls nicht machen. Über das Gehörte sind sie zudem zum Schweigen verpflichtet - auch nach ihrem Ausscheiden aus dem illustren Kreis.
Wie kontrolliert man, ohne sprechen zu dürfen?
Im Gesetz über das PKG heißt es lapidar: "Die Bundesregierung unterliegt hinsichtlich der Tätigkeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz, des Militärischen Abschirmdienstes und des Bundesnachrichtendienstes der Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium." Doch, so der Unmut einiger Abgeordneter: Wie sollen wir etwas kontrollieren, ohne darüber sprechen zu dürfen?
"Ich darf die Informationen aus den PKG nicht einmal an meinen Fraktionsvorsitzenden weiterleiten", sagt etwa der grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele zu stern.de. "Das ist doch völlig verrückt", so das PKG-Mitglied.
Weniger Geheimhaltung, mehr Transparenz
Ströbele fordert daher weniger Geheimhaltung und mehr Transparenz für die Arbeit der Geheimdienstkontrolleure. Natürlich, so der Grüne, müsse es dabei auch Grenzen geben. Nicht an die Öffentlichkeit gehören seiner Meinung nach Informationen "über laufende Ermittlungen und solche, die Menschenleben gefährden können".
Mit dieser Forderung ist er nicht alleine. Auch die FDP und die Linkspartei wollen die strikten Geheimhaltungsregeln für die PKG lockern. Ströbele allerdings geht noch einen Schritt weiter und verlangt die Schaffung des Amts eines Geheimdienstbeauftragten - ähnlich des eines Datenschutz- oder Wehrdienstbeauftragten. Dieser solle laut Ströbele über "weitreichende Befugnisse" verfügen.

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Der Geheimdienstexperte und Publizist Erich Schmidt-Eenboom zweifelt allerdings daran, dass ein solcher Beauftragter Sinn machen würde. "Durch seine Arbeitsweise wäre er für die Geheimdienste ein Sicherheitsrisiko", so Schmidt-Eenboom. Der Autor, der in den 90er Jahren selber vom BND bespitzelt wurde, schlägt stattdessen einen Inspekteur vor. "Jemanden mit Geheimdienst-Erfahrungen, der bei den Diensten unangemeldet auftauche und Akten einsehen dürfe." Der Druck, dass ständig jemand bei den Geheimdiensten auftauchen könnte, würde sie zu rechtstaatlicher Arbeit zwingen, glaubt Schmidt-Eenboom.
Bislang tritt das Gremium in gewissen Abständen an die Öffentlichkeit, um einen Tätigkeitsbericht abzugeben, der allerdings eher nichts sagend ist und nur die Felder auflistet, mit denen sich die Kommission beschäftigt hat. Auch diesen Punkt sieht Christian Ströbele kritisch. Denn eine Überprüfung der Informationen sei dem PKG kaum möglich. Unter anderem wegen Zeitmangels und fehlendem Personal. "Aufgrund der Geheimhaltungspflicht dürfen die PKG-Mitglieder keine Mitarbeiter beschäftigen, die die Sitzungen vor- und nachbereiten", klagt der Grüne.
Ströbele optimistisch
Ströbele aber ist optimistisch, dass seine Forderungen demnächst in eine Gesetzesnovelle einfließen werden. Zum einen baut er auf die Mithilfe der anderen Oppositionsparteien, zum anderen will er auch in Reihen von SPD und Union Kritik an den bestehenden Regelungen ausgemacht haben. "Ich glaube, die Unzufriedenheit verleiht sich gerade Ausdruck", sagt Ströbele.
Schmidt-Eenboom ist dagegen weniger hoffnungsfroh: "Diese berechtigte Kritik köchelt immer hoch, wenn die Nachrichtendienste in die Schlagzeilen geraten." Nach kurzer Zeit lege sich das jedoch wieder.